Das Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW hat Mitte April in drei Musterverfahren entschieden, dass die Stadt Dortmund Wettbürobetreiber zu einer Wettbürosteuer heranziehen darf. Nach Ansicht der Richter liegen für die Besteuerung gute Gründe vor. Das Urteil hat Relevanz für Dutzende Verfahren, die an den Verwaltungsgerichten noch nicht entschieden wurden. Allein am OVG sind noch 30 Fälle anhängig. Die neue kommunale Steuer betrifft das Vermitteln oder Veranstalten von Pferde- und Sportwetten in Wettbüros, die neben der Annahme von Wett-scheinen das Mitverfolgen der Wettereignisse ermöglichen. Die Höhe der Wettbürosteuer berechnet sich dabei nach der Betriebsfläche des Wettbüros.
Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist die Erhebung der Wettbürosteuer in Dortmund verfassungsgemäß. Der Wettbürobetreiber finanziere mit der Provision, die über die Wetteinsätze der Kunden finanziert werde, das Wettbüro, sodass letztlich der wettende Kunde das Wettbüro finanziell trage. Unerheblich sei zudem, dass der steuerpflichtige Wettbürobetreiber an dem Geschäft zwischen dem Wetter und dem Wettanbieter nicht beteiligt sei. Die Wettbürobetreiber erhalten von dem – zumeist im Ausland ansässigen – Wettveranstalter für die Vermitt-lungstätigkeit eine Provision. Der für das Erheben einer örtlichen Aufwandsteuer – wie hier der Vergnügungssteuer – erforderliche Aufwand liege auch in dieser Fallgestaltung vor: Die Wettbürosteuer treffe den Konsumaufwand des Wettkunden für das Wetten in einem Wettbüro. Da nur geschätzt werden könne, wie viel Mehrumsatz Wettbüros im Vergleich zu Annahmestellen erzielten, sei auch die Anknüpfung des Steuer-maßstabs an die Betriebsfläche des Wettbüros rechtmäßig.
Nach der Urteilsverkündung planen jetzt auch andere Kommunen in NRW die Einführung der neuen Steuer. In Wesel und Ahlen wird bereits intensiv darüber diskutiert. In Wesel hat die CDU-Fraktion wenige Tage nach der Urteilsverkündung die Einführung einer Wettbürosteuer zum „nächstmöglichen Zeitpunkt“ mit dem „höchstmöglichen Steuersatz“ beantragt. Besteuerungsgrundlage soll – dem Beispiel der Nachbarstädte folgend – die Größe der Veranstaltungsfläche sein. Krefeld und Bielefeld verlangen zehn Euro pro Quadratmeter, Dortmund 250 Euro je ange-fangene 20 Quadratmeter.
Auch in Niedersachsen fordern in Hannover die Grünen nun die Einführung einer Wettbürosteuer. Die Vergnügungssteuersatzung für Han-nover sieht bislang keine Besteuerung von Wettbüros vor. „Aufgrund der rechtlichen Klärung in NRW sollten wir die Verwaltung nun per An-trag beauftragen, eine Beschlussdrucksache zur Einführung einer Wettbürosteuer für Hannover zu erarbeiten und den Ratsgremien zur Be-schlussfassung vorzulegen“, so Renee Steinhoff, finanzpolitische Sprecherin der Grünen Ratsfraktion.
Die Wettbürobetreiber wollen sich jedoch gegen die neue Steuer wehren. Sie sei eine Doppelbesteuerung, da sie bereits Steuern für ihre Umsätze abführten. Zudem fühlen sie sich gegenüber den reinen Wettannahmestellen diskriminiert, die keine Wettbürosteuer anführen müssen. Das OVG hält die fehlende Gleichbehandlung für unbedenklich, da Wettbüros anders als reine Annahmestellen einen besonderen Anreiz zum Wetten schüren würden und dadurch auch einen höheren Umsatz erzielten.
In Baden-Württemberg war eine Vergnügungssteuer nach ähnlichem Modell Anfang März vom obersten Verwaltungsgericht gekippt worden. Damit es zu einer bundesweit einheitlichen Regelung kommen kann, ließen die Richter vom OVG in Münster daher Revision beim Bundesver-waltungsgericht zu.