MdB Prof. Dr. Patrick Sensburg im Interview
Auf Länderebene findet man nach wie vor keine gemeinsame Lösung für eine kohärente Glücksspielregulierung. Im Interview spricht Prof. Dr. Patrick Sensburg, Mitglied des Deutschen Bundestages, über die Gründe und mögliche Lösungsansätze. So wäre der Bund bereit, hier vermittelnd tätig zu werden und Aufgaben zu übernehmen, um den Stillstand bei der Glücksspielregulierung zu überwinden.
Warum gibt es bislang keine kohärente Glücksspielregulierung in Deutschland?
Seit mehr als zehn Jahren wird in Deutschland darüber diskutiert, wie das Glücksspielwesen am besten zu regulieren ist. In dieser Zeit gab es einen Lotteriestaatsvertrag, mehrere Glücksspielstaatsverträge und mittlerweile mehrere Versionen von sogenannten „Glücksspieländerungsstaatsverträgen“. Alle sind vor dem Bundesverfassungsgericht oder dem Europäischen Gerichtshof gescheitert.
Wie beurteilen Sie die möglichen Folgen der derzeitigen Situation?
Es gibt unzählige gerichtliche Verfahren bzw. Rechtsstreitigkeiten, die einen unregulierten Markt begünstigen und somit das oberste Ziel der Glücksspielregulierung, die Gewährleistung eines effizienten Jugend-, Verbraucher und Datenschutzes, gefährden. Daher wäre es an der Zeit, für fairen Wettbewerb, für Rechtssicherheit und auch für Verbraucherschutz zu sorgen. Zuletzt ist auch an die Einnahmen des Staates und den fairen Umgang mit den Unternehmen der Glücksspielbranche zu denken.
Wie bewerten Sie die Haltung Schleswig-Holsteins? Halten Sie den Sonderweg für zielführend?
Das Land Schleswig-Holstein hat sich gegen den 2. GlüÄndStV gestellt und gefordert, dass das Glücksspielrecht europarechtskonform auszugestalten ist, um damit eine tragfähige, transparente und diskriminierungsfreie Glücksspielregulierung in Deutschland zu schaffen. Diese Entscheidung halte ich für richtig. Ich hoffe, dass mehr Bundesländer im kommenden Jahr an einer konvergenten Neuregelung arbeiten werden.
Halten Sie vor diesem Hintergrund einen kompletten Neuanfang für notwendig?
Einigen sich die Bundesländer nicht mittelfristig auf eine tragfähige Glücksspielregulierung, führt dies zu einer Ausbreitung illegaler Märkte und zu Rechtsunsicherheit. Zudem ist ein Vertragsverletzungsverfahren durch die EU möglich.
Wie beurteilen Sie das schleswig-holsteinische Modell, das die Landesregierung als Grundlage für eine neue Regulierung nutzen möchte?
Nicht nur Schleswig-Holstein hat Vorschläge. Auch aus Hessen gab es bisher viele sehr kluge Ansätze. Ich könnte mir vorstellen, dass auch in der Staatskanzlei von NRW heftig an einer guten Lösung gearbeitet wird.
Wäre aus Ihrer Sicht die Beteiligung des Bundes im Rahmen einer Bund-Länder-Konferenz der richtige Ansatz, um den politischen Stillstand zu überwinden?
Es gilt, den Stillstand durch zeitnahe und eng geführte Gespräche zu überwinden. Der Bund wäre sicher bereit, hier vermittelnd tätig zu werden und Aufgaben zu übernehmen. Die Länder brauchen auch keine Angst zu haben, dass es dem Bund hier um das Ansichreißen von Steuereinnahmen geht.
Prof. Dr. Patrick Sensburg (CDU) ist Mitglied des Deutschen Bundestages und Professor an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen in Münster.
Dieses Interview erschien in voller Länge in der Fachzeitschrift „Beiträge zum Glücksspielwesen“ Ausgabe 4/2017. Diese kann hier im Jahresabo oder einzeln bestellt werden.