Bonn. Unter dem Titel „Gute Spielhallen erkennen – Die Zertifizierung als Vollzugshilfe.“ hatte der Behördenspiegel zu einem Webinar eingeladen. Behörden, Prüforganisationen und Vertreterinnen und Vertreter der gewerblichen Automatenwirtschaft diskutierten über die bisherigen Erfolge, Vollzugshilfen für den Vollzug vor Ort, aber auch über Ausbaupotentiale der Spielhallenzertifizierung seit dem Glücksspielstaatsvertrag 2021. Dieser räumt den Bundesländern die Möglichkeit ein, gegen geprüfte neutrale Qualitätsauflagen wie die Zertifizierung, quantitative Beschränkungen wie Abstandsregelungen oder das Verbot von Mehrfachkonzessionen in einem zu definierenden Rahmen für eine bestimmte Zeit auszusetzen. Qualitätskriterien traten erstmals neben quantitative Regulierungsmaßnahmen, wie eine starre Abstandsregelung, zum Beispiel zu Schulen oder zu Spielhallen untereinander und zu stationären Wettlokalen.
Von dieser Möglichkeit haben bisher im Grundsatz acht Bundesländer Gebrauch gemacht. So zum Beispiel in Bayern für Verbundspielhallen (sogenannte Mehrfachkonzessionen), in Niedersachsen für alle Spielhallen, in NRW für Verbundspielhallen usw. In den entsprechenden Landesgesetzen zur Umsetzung des Glücksspielstaatsvertrages hängen die entsprechenden glücksspielrechtlichen Erlaubnisse für die Betreiber der Spielhallen von der Zertifizierung nach einem akkreditierten Standard ab. In vielen Fällen drängt für die Betreiber die Zeit.
Weitere Fragestellung: hilft eine Zertifizierung im Kampf gegen zunehmende illegale Angebote, nicht nur in städtischen Ballungszentren, sondern auch zunehmend auf dem sogenannten „flachen“ Lande. Und stärkt damit eine Zertifizierung die legalen Angebote aus der Sicht der Unternehmen und insbesondere der Spielgäste. Zertifizierung als Garant für Jugend- und Spielerschutz?
Für Georg Stecker, Sprecher des Vorstandes des Dachverbandes „Die Deutsche Automatenwirtschaft“ ist eine Zertifizierung eine Chance, die eigene Qualität nach außen sichtbar zu dokumentieren. Für ihn ist klar: wer in diesem Wirtschaftsfeld eine Zukunft haben will, der kommt an der Steigerung der eigenen Qualität nicht vorbei. Zertifizierung belege, dass die Unternehmen Verantwortung für einen aktiven Spieler- und Jugendschutz übernehmen. Gleichzeitig betonte er, dass durch eine Zertifizierung die unternehmensinternen Arbeitsprozesse optimiert werden können.
Nick Baldus, Prokurist, SPIEL-IN Casino GmbH & Co. KG., bestätigte dies aus der Sicht des eigenen Betriebes, einem größeren mittelständischen Familienunternehmen. Durchaus begeistert berichtete er von der positiven Wirkung auf Organisationsabläufe im Unternehmen und die Motivationssteigerung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der finanzielle Aufwand für die Zertifizierung sei eine Investition in die Zukunft des Unternehmens. Aus vielen persönlichen Gesprächen mit Spielgästen konnte er berichten, dass diese sich in einer zertifizierten Spielhalle einfach sicherer oder wohler fühlen. „Hier sei alles legal und in Ordnung“. Auch im Dialog mit Behörden schaffe eine Zertifizierung zusätzliches Vertrauen. Eine erfolgreiche Zertifizierung sei eben ein Qualitätssiegel.
Christian Benzrath, Referatsleiter Recht und Ordnung, Langenfeld, bestätigte, dass eine Zertifizierung nach einem akkreditierten Standard die Vollzugsbehörden grundsätzlich entlasten kann. Angesichts der Sparpolitik, dem Personalmangel und der Arbeitsverdichtung im öffentlichen Dienst ein durchaus wichtiger Aspekt. Allerdings betreffe die Zertifizierung bisher nur einen Teil der Spielhallen. Ein wichtiger Schritt. Aber, er hoffe, dass sich dieser Prozess in den kommenden Jahren weiter fortsetze und dann alle Spielhallen eine Zertifizierung für die entsprechenden glücksspielrechtlichen Erlaubnisse vorweisen müssten. Zertifizierung sei sicherlich ein Ausdruck der Legalität in der Abgrenzung zu illegalen Angeboten. Zur Bekämpfung des stark expandierenden illegalen Marktes müssten die Vollzugsbehörden aber deutlich mehr Personal bekommen. Die Formen illegaler Angebote werden immer breiter. Neben „klassischen“ Hinterzimmer-Angeboten gebe es zwischenzeitlich auch zeitlich befristete Angebote im Leerstand von Immobilien bis hin zu mobilen Spielhallen in Lkws.
Die Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS) hat im April 2022 die Prüfung zweier Programme im Kontext mit der Umsetzung des Glücksspielstaatsvertrages (2021) abgeschlossen und deren Akkreditierungsfähigkeit festgestellt. Zertifizierungsstellen, die diese Programme im Rahmen des Zertifizierungsprozesses anwenden wollen, können einen entsprechenden Antrag auf Akkreditierung stellen.
Zwei Programme sind akkreditierungsfähige Programme: der DAW-Branchenstandard und der GZQG-Standard.
Nach dem DAW-Branchenstandard zertifizieren die TÜV Rheinland CERT GmbH und die ClarCert GmbH. Nach dem GZQG-Standard zertifiziert die InterCert GmbH. Ausführlich beschrieben Olaf Seiche (TÜV Rheinland CERT GmbH) und Bettina Dzieran (InterCert GmbH) die umfangreichen Prozessabläufe. Insbesondere auch hinsichtlich der Überprüfungsaudits. Beschwerden von Spielhallenbesucherinnen und -besuchern werde zeitnah nachgegangen. Evtl. Mängel müssen in klar definierten Zeiträumen abgestellt werden, ansonsten drohe die Aberkennung der Zertifizierung. Dies betreffe aber bisher nur wenige einzelne Fälle.
Für Georg Stecker ist eine Zertifizierung nach einem unabhängig akkreditierten Standard ein deutliches Bekenntnis zu einem legalen Glücksspielangebot und ein Bekenntnis zu Jugend- und Spielerschutz. Wer das legale Angebot im Sinne des Kanalisierungsauftrags nach § 1 des Glücksspielstaatsvertrages stärke, schiebe illegalen Angeboten nachhaltig einen Riegel vor. Wichtig sei, den Vollzugsbehörden vor Ort diese Informationen verstärkt zugänglich zu machen.
Einen Einblick in die Vielzahl an Kriterien zur Zertifizierung von Spielhallen finden sie hier.
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