Von Uwe Proll, Herausgeber BzGw
Verehrte Leserinnen und Leser,
Nun haben sich nach langem und zähem Ringen die Ministerpräsidenten auf einen neuen Glücksspielstaatsvertrag geeinigt. Die Politik hat sich durchgerungen, eine Öffnung des Marktes für virtuelle Automatenspiele, Online-Poker und Online-Casinospiele als im Geltungsbereich dieses Staatsvertrages erlaubnisfähig anzusehen. Zudem: Das Lotto-Monopol bleibt vollumfänglich erhalten und dürfte durch zuzügliche Online-Möglichkeiten sogar gestärkt werden. Soweit nun der politische Beschluss. Der lässt eine sich derzeit daran verbeißende Fachbürokratie kalt. Diese hat nämlich nun auf 220 Seiten alles zusammengetragen, was nicht nur der Begründung – so der Titel des Papiers – des Staatsvertragsentwurfes dient, sondern vor allem seiner Einschränkung.
Das umfangreiche Werk versucht, den liberalen Ansatz des neuen Staatsvertrages durch allerlei konkrete und in manchen Dingen auch sehr konkretistische Betrachtungen wieder einzufangen. Die 220 Seiten sind ein Katalog von Ausführungsempfehlungen und Interpretationen gegen den neuen Glücksspielstaatsvertrag. Damit positionieren sich die Autoren klar und deutlich gegen das politische Mandat. Beide Seiten werden damit jetzt umgehen müssen. Kann die Politik es zulassen, dass ihre Fachbehörden derart dezidiert versuchen, in hunderten Seiten ihre Marktöffnung wieder einzufangen oder, andersherum, sieht sich die Fachebene tatsächlich berechtigt, Politik zu korrigieren?
Die Erläuterungen setzen natürlich kritisch bei der Vermehrung des Spieleangebotes an. Die Schutzziele des alten wie auch des neuen Staatsvertrages könnten in ihrer kohärenten Gesamtwirkung ihr Ziel deswegen nicht erreichen, so der Unterton, wenn einfach das Spieleangebot vergrößert und erweitert würde.
Es ist verständlich, dass die mit Glücksspiel beschäftigten Landesbehörden die u. a. durch europarechtliche Notwendigkeiten bedingte Öffnung des Glücksspielmarktes in Deutschland als falschen Weg ansehen. Neben jeder Menge interessanter Fundstellen zeigen die Autoren dann auch klipp und klar ihren Drang zur Regulierung bzw. zur Untersagung, immer in der guten Absicht, Schwarzmärkte zu bekämpfen und Spielsucht zu begegnen. Kurios wird es, wenn über die Information zur Auskunft über die kumulierten Einsätze und Gewinne bzw. Verluste der letzten 30 Tage getextet wird. Da heißt es dann wie folgt: „Die Angabe eines Gewinns und eines Verlustes schließen sich gegenseitig aus, weil der Spieler mit seinen Einsätzen kumuliert nur entweder einen Verlust oder einen Gewinn erzielt haben kann. Beispiel: Hat der Spieler innerhalb der 30 Tage an vier Glücksspielen mit einem Einsatz von je zehn Euro teilgenommen, dreimal verloren und einmal acht Euro gewonnen, ist ein Einsatz von 40 Euro und ein Verlust von 32 Euro anzuzeigen. Hat er dreimal verloren, jedoch bei einem Spiel nicht acht, sondern 55 Euro gewonnen, ist ein Einsatz von 40 Euro und ein Gewinn von 15 Euro anzuzeigen.“ Das sind Handreichungen, die zeigen, dass hier der Gegenstand mit Einweghandschuhen angepackt wird.
Mit anderen Worten: Es wäre empfehlenswert, die neuen Instrumente kreativ zu nutzen, um Spielsucht, Marktmissbrauch und Illegalität zu bekämpfen, statt Rückzugsgefechte zu führen und zu versuchen, mit alten Argumenten die neuen Regeln einzudämmen.
Wir hatten in unserer letzten Ausgabe eine Sammlung von Stellungnahmen der verschiedenen Verbände des Glücksspiels wie auch der Politik veröffentlicht. Wir waren froh darüber, dies zeitnah zur Anhörung, die in der Staatskanzlei NRW stattfand, durchgeführt zu haben. Diese, die Staatskanzlei NRW, hat sich mittlerweile aber bei uns gemeldet und beschwert. Wir hätten behauptet, es habe keine öffentliche Anhörung gegeben. Das ist wohl zu Teilen auch richtig, so nehmen wir diese Behauptung an dieser Stelle zurück.
Ansonsten wünsche ich Ihnen eine angenehme Lektüre.
Uwe Proll