Gute Vorschläge liegen vor
(Patrick Sensburg, Mitglied des Deutschen Bundestages (CDU)) Seit 15 Jahren wird in Deutschland darüber diskutiert, wie das Glückspielwesen am vernünftigsten zu regulieren ist. Eine kluge Lösung ist bisher nicht gefunden worden. Der aktuelle Glücksspielstaatsvertrag von 2013 muss als gescheitert angesehen werden. Im Februar 2016 entschied zuletzt der Europäische Gerichtshof, dass zumindest die Online-Glückspielregulierung unionsrechtswidrig ist. Im Endeffekt stehen wir erneut vor dem Scherbenhaufen des Glückspielrechts und es stellt sich die Frage, ob wir die Kraft für einen Neuanfang haben.
Wegen des Scheiterns des Glückspielstaatsvertrages existiert in Deutschland ein in weiten Bereichen nicht regulierter Glückspielmarkt. Dieser „Graue Markt“ führt zum einen dazu, dass dem Fiskus spürbar Steuerreinannahmen entgehen und zum anderen die Ziele des Verbraucherschutzes, insbesondere der Schutz vor Spielsucht, nicht umgesetzt werden können.
Nur eine grundlegende, qualitative Neuregelung des Marktes macht insofern Sinn. Nur eine konvergente Strategie und ganzheitliche Reformen für das Glückspielwesen könnten den Markt effektiv und erfolgversprechend regulieren.
Staat entgehen Milliardeneinnahmen
Wenn die Politik sich bisher vor einer Regelung gescheut hat, wird der Druck nun größer. Seit Jahren sinken beim Glückspiel die Einnahmen für den Staat. Demgegenüber sind allein die Lotteriemärkte weltweit von 2007 bis 2014 um 22 Prozent gewachsen. An diesem Wachstum hätten die deutschen Länder ohne den Glücksspielstaatsvertrag partizipiert. Ihnen sind hierdurch Einnahmen in Höhe von grob geschätzt 15 Mrd. Euro entgangen.
Die zentralen Vorschriften in allen Glücksspielbereichen sind derzeit gesetzlich primär auf das Ziel ausgerichtet, Spielsucht bzw. Spielleidenschaft durch schlichte Verbote einzudämmen und den Status quo zu wahren. Dass dem Staat durch die Nicht-Regelung große Summen an Steuergeldern entgehen, wird kaum bedacht. Gleichzeitig werden so die schwarzen Schafe nicht von den seriösen Anbietern getrennt. Eine stringente Neuregelung wird sowohl Verbraucherschutzziele verwirklichen helfen als auch fiskalische Ziele umsetzen.
Nur der konvergente Ansatz wird erfolgreich sein
Letztlich ist ein großes Problem darin zu sehen, dass auf der einen Seite, der Staat verpflichtet ist, Glückspiel zu kontrollieren und so Verbraucherschutz aufrechtzuerhalten. Auf der anderen Seite braucht es für eine ökonomisch effektive Regelung Wettbewerb ohne Überregulierung. In diesem Spannungsfeld muss eine Regelung gefunden werden. Die 2013 eingeführte Konzessionierung zahlenmäßig beschränkter Sportwettenanbieter hat letztlich keine Abhilfe schaffen können. Sie hat ein überbürokratisiertes Verfahren hervorgebracht, dessen Rahmen und Schranken ebenfalls nicht konsequent mit den gesetzlichen Zielen begründet werden können. Rechtlich ist eine Konzessionierung ohnehin nicht haltbar. Da der Glücksspielstaatsvertrag als rechtswidrig anzusehen ist, können die, die ohne Konzession handeln, nur schwerlich belangt werden.
Von den Bundesländern gibt es daher seit Kurzem unterschiedliche Lösungsansätze. Zum einen wird vor allem vonseiten Bayerns und Nordrhein-Westfalens vertreten, dass es nun gar keiner grundsätzlichen Neuregelung mehr bedarf. Nordrhein-Westfalen scheint aber noch nicht festgelegt zu sein und auch in Bayern wird noch nachgedacht. So würde man einen völlig unregulierten Markt schaffen, an dem der Staat nicht beteiligt wäre und der nicht kontrollierbar wäre. Andere Bundesländer, darunter Niedersachsen und seit März 2016 auch Berlin, haben Regelungsmöglichkeiten vorgelegt, in denen durchaus zielführende Ansätze zu finden sind.
Prof. Dr. Patrick Sensburg (CDU) ist Mitglied des Deutschen Bundestages und Professor an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen in Münster. Foto: BzGw/Drombowsky