Fragen zur Wirksamkeit von Werbung im Glücksspielwesen
(Prof. Dr. Michael Häfner und Johannes Fertmann, Universität der Künste Berlin) Im Kontext jüngster Vorstöße zur Neufassung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (GlüStV), aber auch im Hinblick auf rezente Urteile zur Regulierung von Werbemitteln im Glücksspielwesen, stellt sich die Frage nach der Wirksamkeit von Werbung. Auch wenn sich der Judikative sehr konkrete Fragen, bspw. nach dem Anreizcharakter bestimmter Logos und Schriftzüge, stellen, sind wir der Meinung, dass dieses Problem einer breiteren Fragestellung nach der allgemeinen Wirksamkeit und der Aufgabe von werblichen Maßnahmen im Glücksspielwesen bedarf.
Um sich dieser (durchaus schwierigen) Antwort zu nähern, hilft es, sich mit einem klassischen Modell der Werberezeption zu beschäftigen, nämlich mit dem sogenannten „AIDA“-Modell (attention, interest, desire, action; St. Elmo Lewis, 1903). Auch wenn dieses Modell veraltet scheint, beschreibt es den potenziellen Wirkmechanismus gerade von Werbung im Glücksspielwesen recht gut (aufgrund rechtlicher Einschränkungen handelt es sich um wenig emotionale Werbung): Werbemittel sollen die Aufmerksamkeit potenzieller Kunden binden, Interesse wecken (bspw. aufgrund einladender Logos oder Symbole), um damit den Wunsch zu Spielen und schließlich tatsächliches Spielverhalten zu initiieren. Auch wenn hier nicht näher auf das Modell und die teils fundierte Kritik daran eingegangen werden kann (für einen Überblick siehe Moser, 2015), zeigt diese lange und komplexe Sequenz, wie viele „Leistungen“ zu erbringen sind. Es wird deutlich, wie schwer es Werbung hat, zum Kunden durchzudringen. Betrachtet man die einzelnen Schritte dann auf Basis neuerer psychologischer Literatur, kann man nüchtern feststellen, dass werbliche Maßnahmen wenig Aussicht auf Erfolg haben; zumindest was das Anlocken potenzieller Neukunden anbelangt.
Im Reigen allgegenwärtiger Werbelogos haben es für den potenziellen Neukunden eigentlich nicht relevante Werbemittel schon im ersten Schritt schwer, aufzufallen. Zudem filtert die menschliche Informationsverarbeitung für den Betrachter irrelevante Information heraus. In der Konsequenz bedeutet dies, dass – am Beispiel der Glücks-spielwerbung – Nicht-Spieler Glücksspielwerbung höchst wahrscheinlich nicht einmal wahrnehmen. In einer Analogie könnte man formulieren: Nur wer hungrig ist, nimmt auch Essen wahr (siehe auch Seibt, Häfner, & Deutsch, 2007).