Hilfesystem und Spielerschutz
(Konrad Landgraf) Dass Glücksspiele bei bestimmten Personen zu Problemen führen können, ist keineswegs ein neues Phänomen und wohl genauso alt wie die Tatsache, dass Menschen Glücksspiele spielen. Trotzdem wurde die Problematik der Glücksspielsucht in der Gesellschaft lange Zeit nur am Rande wahrgenommen. Im Laufe der 80er- und 90er-Jahre wurde das Thema jedoch von Einzelnen vermehrt in den Fokus gestellt. Dadurch gewann es zunehmend an Bedeutung im gesellschaftlichen Diskurs. In Bayern wurde die Problematik vor allem seit der Gründung der Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern (LSG) verstärkt in die Öffentlichkeit getragen und mitunter kontrovers diskutiert. Der folgende Beitrag erklärt die aktuelle Situation rund um die Themen Glücksspiel, Glücksspielsucht, die rechtlich oftmals verzwickte Lage – und das bestehende Hilfesystem in Bayern.
Pathologisches Glücksspielen: Ursachen und Entstehung
Die Entstehung einer Glücksspielsucht (Pathologisches Glücksspielen, PG) ist wie auch bei anderen Suchtstörungen von verschiedenen Faktoren (Meyer & Bachmann, 2011) abhängig. Diese Faktoren können der Person des Glücksspielenden, seiner Umwelt und dem Glücksspiel an sich zugeordnet werden. So ist bekannt, dass vor allem junge Männer mit Migrationshintergrund ein erhöhtes Risiko (Haß & Lang 2016) haben, eine Störung durch Glücksspiele zu entwickeln. Neben Geschlecht und soziodemografischen Merkmalen gehören auch neurobiologische Gegebenheiten (Impulsivität etc.) zum Faktor „Person“. Dem Faktor „Umwelt“ können Merkmale wie Arbeits- und/oder Lebensverhältnisse zugeordnet werden. Auch die Einstellung der Gesellschaft zu Glücksspielen spielt hier eine Rolle. Und nicht zuletzt haben verschiedene Eigenschaften der Glücksspiele selbst Einfluss auf eine mögliche Suchtentwicklung. Dazu gehören unter anderem die Ereignisfrequenz des Spiels, das Auszahlungsintervall oder dessen Verfügbarkeit (Meyer & Bachmann, 2011). Treffen bei einer Person Faktoren aus allen drei Bereichen in ungünstiger Art und Weise aufeinander, kann sich daraus eine glücksspielbezogene Störung entwickeln.
Der dabei stattfindende Prozess durchläuft in der Regel unterschiedlich lange Zeiträume: Im Anfangsstadium spielen Betroffene meist eher gelegentlich, das Spielen ist (noch) mit positiven Erfahrungen verbunden. Eine gesteigerte Spielintensität und zunehmende Verluste sind charakteristisch für ein kritisches Gewöhnungsstadium. Das Spielen beherrscht nun zunehmend das Denken und Handeln der Betroffenen, es kommt in dieser Phase zum sogenannten Chasing, bei dem Betroffene dann versuchen, ihre Verluste durch noch häufigeres Spielen wieder auszugleichen. Das letzte Stadium, die eigentliche Sucht, ist schließlich geprägt vom Kontrollverlust, begleitet von teils massiven Folgeschäden und oftmals auch vom sozialen Abstieg (Custer 1987).
Dieser Text erschien in voller Länger in der Fachzeitschrift „Beiträge zum Glücksspielwesen“ Ausgabe 3/2016. Diese kann hier im Jahresabo oder einzeln bestellt werden.
Konrad Landgraf ist Geschäftsführer der Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern.