Regelungen sind verfassungs- und europarechtskonform
(Georg Lütter) Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg (OVG) hat den Antrag einer Spielhallenbetreiberin aus Niedersachsen auf einstweiligen Rechtsschutz gegen die Versagung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis mit Beschluss vom 04.09.2017 (AZ: 11 ME 206/17) abgelehnt. Die Antragstellerin betreibt zwei im Verbund stehende Spielhallen. Sie beantragte für beide Spielhallen eine glücksspielrechtliche Erlaubnis, wobei sie selbst für den Fall einer etwaigen Auswahlentscheidung einer Spielhalle den Vorrang gab. Für diese Spielhalle wurde die Erlaubnis erteilt, die Erlaubnis für die andere Spielhalle wurde unter Verweis auf das Verbundverbot in § 25 Abs. 2 Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) abgelehnt.
Das Hauptsacheverfahren ist beim Verwaltungsgericht Hannover (VG) anhängig. Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz wurde zunächst vom VG und, auf die Beschwerde der Antragstellerin hin, auch vom OVG abgelehnt. Das OVG nahm Bezug auf den Beschluss des BVerfG vom 07.03.2017 (1 BvR 1314/12) zur Vereinbarkeit der Regelungen des GlüStV und der Ausführungsbestimmungen von Berlin, Bayern und Saarland mit dem Grundgesetz. Es übertrug die Argumentation des BVerfG unter Berücksichtigung von dessen Besonderheiten auf das niedersächsische Landesrecht. Das OVG folgte den Ausführungen des BVerfG, wonach den Ländern gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr.11 GG die Gesetzgebungsbefugnis zur Regelung des Rechts der Spielhallen zusteht. Die landesrechtliche Einführung eines glückspielrechtlichen Erlaubnisvorbehalts ist demnach zulässig.
Das Niedersächsische Glücksspielgesetz (NGlüSpG) bestimmt in § 10 Abs. 1 für den Betrieb von Spielhallen, dass zusätzlich neben einer (nach Bundesrecht) erteilten gewerberechtlichen Erlaubnis eine glücksspielrechtliche Erlaubnis notwendig ist. Das OVG sieht darin keinen Verstoß gegen Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG, wonach bisheriges Bundesrecht zur Regelung der Spielhallen durch Landesrecht „ersetzt“ werden kann – eine Vermischung von Bundes- und Landesrecht ist nicht zulässig. Nach Auffassung des OVG sind die Regelungsbereiche des Gewerberechts und des Glücksspielrechts jedoch so klar voneinander abgegrenzt, dass keine Gefahr einer Durchmischung besteht. Das OVG nahm sodann Bezug auf die Feststellungen des BVerfG zur Vereinbarkeit des Verbundverbots und Abstandsgebots (§ 25 GlüStV) mit dem Grundgesetz. Im Zentrum der Argumentation des BVerfG stand die Annahme, dass diese Ver- und Gebote der Spielsuchtbekämpfung dienen. Der Reduzierung des Gesamtangebots von Geldspielgeräten komme hierbei besonderes Gewicht zu. Das OVG übertrug diese Argumentation auf das NGlüSpG, da es die Vorgaben des GlüStV inhaltsgleich umsetzt und die gleichen Ziele der Suchtbekämpfung verfolgt. Zum Verbundverbot enthält das NGlüSpG keine Ausführungsbestimmungen. Das Abstandsgebot wird mit 100 m konkretisiert. Das BVerfG sah die restriktiveren Regelungen Berlins oder des Saarlands mit jeweils 500 m als verfassungskonform an. Folglich sah das OVG keinen Anlass zur Kritik der niedersächsischen Regelung. Die Geeignetheit der Maßnahmen zur Suchtbekämpfung sah das OVG auch durch den Endbericht des Landes Hessen vom 10. April 2017 zur Evaluierung des GlüStV nicht infrage gestellt. Dieser stellt eine Ausbreitung des unerlaubten Glückspiels entgegen den Zielen des GlüStV fest. Aus Sicht des OVG besteht jedoch kein Zusammenhang mit den Vorgaben des GlüStV, da diese Ausweitung schon vor der Umsetzung des GlüStV begonnen habe.
Georg Lütter ist Ministerialrat im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz a. D.
Dieser Beitrag erschien in voller Länge in der Fachzeitschrift „Beiträge zum Glücksspielwesen“ Ausgabe 4/2017. Diese kann hier im Jahresabo oder einzeln bestellt werden.