von Katarina Heidrich
In der fraktionsinternen großen Koordinierungsrunde der Freien Demokratischen Partei (FDP) wurde am 20. Mai 2019 ein Eckpunktepapier mit dem Titel „Deutschland braucht eine umfassende, europarechtskonforme Glücksspielrechtsreform“ beschlossen. Die Fraktionsvorsitzenden und Fraktionsgeschäftsführer betonen darin, dass die gegenwärtige Regulierung des Marktes unzureichend sei. Den Freien Demokraten sei klar, dass Entwicklungen wie der Ausbreitung von unerlaubten Glücksspielen in Schwarzmärkten nur mit attraktiven, legalen Angeboten begegnet werden könne. Die deutsche Gesetzgebung dürfe dabei nicht von europäischer Gesetzgebung ausgehebelt werden und De-Regulierungstendenzen fördern. Gefordert wird ein Regelwerk, welches die tatsächlichen Marktbedingungen in den Blick nimmt und einen konsequenten Vollzug ermöglicht.
1. Hauptzielsetzung
Durch eine vollständige Öffnung und Regulierung des deutschen Glücksspielmarktes und eine nach qualitativen Kriterien organisierte Vergabe von Glückspielkonzessionen bestünde künftig Rechtssicherheit gegenüber legalen und illegalen Glücksspielformen und der Staat würde einen kontrollierten Überblick über das Marktgeschehen erhalten. Durch Legalisierung könne eine Kanalisierung ermöglicht werden. Dafür aber müsse das regulierte Angebot größtmögliche Attraktivität aufweisen, um die Verbrauchernachfrage zu bedienen und einer Abwanderung der Verbraucher in den unregulierten Schwarzmarkt vorzubeugen. Die daraus erzielten Mehreinnahmen durch Steuern und Abgaben würden dem Staat und gemeinnützigen Projekten zugutekommen.
2. Schaffung einer Länder-Behörde
Eine Behörde der Länder mit klarer Kompetenzverteilung solle für eine effiziente Kontrolle, Steuerung und Durchsetzung der neuen Glücksspielregulierung sorgen. Insgesamt werde der durch die neue Regulierung entstehende Wettbewerb im regulierten Markt zu einer Qualitätsverbesserung bei allen Marktteilnehmern beitragen. Die Neugestaltung des Glücksspielmarktes solle dabei technologieneutral und innovationsoffen ausgestaltet werden, um Regulierungslücken zu vermeiden. Neuen technischen Möglichkeiten und neuen Geschäftsmodellen der Anbieter werde damit der Weg geebnet.
3. Jugend-, Spieler- und Verbraucherschutz
Neben universellen Präventionsmaßnahmen wie einer sicheren Altersüberprüfung oder verständlicher und deutlicher Informationen durch die Anbieter kommen für die Freien Demokraten auch selektive Präventionsmaßnahmen für vulnerable Personen (z. B. freiwillige Selbstsperre) infrage. Eine Fremdsperre wird allerdings abgelehnt, hier gebe es verfassungsrechtliche Bedenken. Die Einrichtung einer länder- und spielformübergreifenden Sperrdatei sei hingegen anzustreben. Technische Systeme sollen auch im Online-Bereich eine Alters- und Identitätsfeststellung sicherstellen. Der Vorschlag: Authentifizierungen von Internet-Registrierungen analog zum PIN/ TAN-Verfahren von Banken gestalten. Sobald der elektronische Personalausweis etabliert sei, solle nach dänischem Vorbild ein medienbruchfreies Verfahren entwickelt werden.
4. Werberichtlinie ergänzen
Die Werberichtlinie solle durch Schaffung eines Rechtsanspruchs auf Befreiung vom Werbeverbot ergänzt werden, damit lizensierte Anbieter Informationen über legale Produkte verbreiten können. Dabei seien besonders aggressive Werbeinhalte aus Gründen der Spielsuchtprävalenz bei Jugendlichen und vulnerablen Personen von der Werbeerlaubnis auszunehmen. Zudem solle eine neutrale, akkreditierte Streitbeilegungsstelle eingerichtet werden, um die Spielerrechte gegenüber den Anbietern zu stärken.
5. Spielhallen
Gefordert wird ein an qualitätsbestimmten Kriterien ausgerichtetes rechtssicheres Auswahlverfahren bei Spielhallen, welches Härtefallregelungen vorsieht und gleichzeitig einen angemessenen Spielerschutz gewährleistet. Die in § 3 Spielverordnung festgesetzte Maximalhöhe von zwölf Geld- oder Warengewinnspielgeräten pro Spielhalle sowie die Begrenzung auf ein Gerät pro zwölf Quadratmeter sei nicht mehr zeitgemäß. Es sollten eher qualitative Kriterien, insbesondere für Bestandsspielhallen, herangezogen werden.
6. Sportwetten
Eine quantitative Begrenzung der Konzessionen wird abgelehnt, da dies die Steuereinnahmen aus der Sportwettsteuer schmälern würde. Hingegen könne ein breit angelegtes zulässiges Wettprogramm in einem kohärenten Regulierungsansatz zur erfolgreichen Kanalisierung beitragen. Dazu gehöre ebenfalls die Aufnahme von Produktinnovationen wie zum Beispiel der Live-Wette.
7. Glücksspiel und Digitalisierung
Die Glücksspielregulierung müsse den Anforderungen der digitalen Transformation und den daraus resultierenden Veränderungen des Glücksspielmarktes Rechnung tragen und neue Spielformen sowie digitale Möglichkeiten wie beispielsweise E-Sports bei den Ausführungen berücksichtigen.
8. Betrugs- und Kriminalitätsbekämpfung
Konzessionierte Anbieter des regulierten Marktes sollen ein zuverlässiges Verfahren der Identifizierung, von Transaktionskontrollen und Überwachsungsmechanismen zur Risiko-Erkennung durchlaufen. Selbstregulatorische Maßnahmen seitens dieser werden im Rahmen eines „Good-Corporate-Governance-Ansatzes“ begrüßt.
9. Datenzugang für Wissenschaft und Forschung
Wissenschaftlern und Forschern soll Zugriff auf Daten der Glücksspielregulierungsbehörde gewährt werden, um diese evidenzbasiert weiterzuentwickeln.