Beitrag von: Robert Hess, Mitglied im Programmbeirat, Behörden Spiegel/Beiträge zum Glücksspielwesen
Die Palette reicht von Werbeverboten bis zu drastisch erhöhten Mindestabständen.
Schon Anfang Mai 2022 hat der Bremer Senat Spielhallen und Sportwettbüros den Kampf angesagt, mit dem Ziel, u. a. die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages aus 2021 in Landesrecht umzusetzen und möglichen juristischen Streitigkeiten aus dem Weg zu gehen. Die Bremische Bürgerschaft wurde um dringliche Beratung und Beschlussfassung gebeten, denn die überwiegende Anzahl der Erlaubnisse für Spielhallen sind bis zum 30.06.2023 befristet. Damit nicht sämtliche dieser Erlaubnisse erlöschen war Eile geboten. Wie gesagt der Staatsvertrag trat am 01.07.2021 in Kraft!
Die Bremische Bürgerschaft kam diesem „Wunsch“ des Senats nach und verabschiedete am 15.06.2022 im Rahmen einer sehr umfangreichen Tagesordnung das entsprechende Gesetz.
Worum ging es dem aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Linken zusammengesetzten Senat.
An erster Stelle, so die politische Absicht und eigene Aussage, steht der verstärkte Schutz der Glücksspieler und die Reduzierung der Zahl der Spielhallen und Wettvermittlungsstellen.
Äußerst interessant ist es, die Debatte in der Bremischen Bürgerschaft nachzulesen (20. Wahlperiode, 37. Sitzung). Da stellt zum Beispiel der SPD-Abgeordnete Güngör fest, dass es die Aufgabe und Pflicht des Gesetzgebers sei, Bürgerinnen und Bürger vor einer Spielsucht präventiv zu schützen. Grundsätzlich richtig, aber die Wege können unterschiedlich sein. Und kein einziges Wort zum staatlichen Angebot. Das nenne ich Glaubwürdigkeit. Die CDU stellt durch den Abgeordneten Yazici eindeutig klar, dass auch für die CDU das Mittel der Verfügbarkeitsreduktion im Unterschied zur Zertifizierung das effektivere sei. Und die CDU-Fraktion hat noch eine echt „tolle“ Begründung für die Angebotsreduzierung: „Ein Punkt ist mir noch mal ganz wichtig, wenn wir uns nämlich angucken, wo diese Spielhallen und Wettbüros aufgestellt sind: Dort nämlich, wo wir massive Probleme haben mit der Kita-Versorgung, wo wir eine Unterdeckung haben mit Lehrerinnen und Lehrern, da haben wir auf jeden Fall eine hervorragende Abdeckung, was Spielhallen und Wettbüros angeht“. Also führen eklatante Versäumnisse der Bremer Politik zu gehäuftem Auftreten von Spielhallen und Wettbüros? Geradezu beschämend ist für mich als ehemaligem Bürgermeister das Herumlammentieren, dass man Spielhallen und Wettbüros in bestimmten Stadtteilen nicht verhindern konnte. Da muss Kommunalpolitik auch mal vorausschauend ihre Hausaufgaben machen. Wie wäre es denn mit Vergnügungsstättenkonzepten gewesen? Meiner Meinung nach ist es verwaltungseitig einfacher solche Einrichtungen zu verhindert, denn sie zu genehmigen. So braucht doch wohl jede Spielhalle drei Genehmigungen durch die lokale Verwaltung. Und als letzter Ausweg: wie wäre es denn für bestimmte Bereiche mit Veränderungssperren gewesen. Skuriel wird es dann aber nochmal mit dem Abgeordneten Bücking (Bündnis 90/Die Grünen). Er erwartet, dass das Gesetz oder Teile davon vor Gericht landen. Dann, so Bücking, wird man sehen, „ob die Gerichte so unfreundlich sind, zu sagen, das Geschäft kann erst einmal weiter betrieben werden bis zur endgültigen Entscheidung“. Werter Herr Abgeordneter, Gerichte entscheiden nicht „freundlich“ oder „unfreundlich“!
Schritt eins:
Der Mindestabstand von Spielhalle zu Spielhalle wird generell auf 500 Meter angehoben. Aber auch der Abstand zu Wettvermittlungsstellen wird auf 500 Meter angehoben. Dieser Mindestabstand gilt natürlich auch für Wettvermittlungsstellen untereinander. Und dann muss von Spielhallen und Wettvermittlungsstellen auch noch ein Abstand von 500 Metern zu Schulen eingehalten werden. Klares politisches Ziel: deutliche Reduzierung der Standorte privater Glücksspielanbieter.
Schritt zwei:
Der Mindestabstand von Lottoannahmestellen zu Spielhallen, Wettbüros und Schulen….? Nein, diese sind von diesen Regelungen des Mindestabstandes nicht betroffen. Die Bremer Toto und Lotto GmbH ist ja auch eine Tochter des Landes Bremen (Das Land Bremen hält an ihr 66,7 Prozent). Außerdem gibt es da ja auch keine suchtgefährdende Spielangebote. Wobei man bei den Rubbellosen schon nachdenklich werden müsste. Ok, bei oder im Umfeld von Lottoannahmestellen gibt es oft auch die Chance zum Erwerb von Alkohol und Zigaretten. Aber das nur mal nebenbei. Ah, Lotto und seine Produkte sind ja auch kein privates Glücksspielangebot.
Die Botschaft ist aber ganz klar: Toto und Lotto gehören zum alltäglichen Lebensumfeld von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Ungefährlich und sozial erwünscht. Spielhallen und Wettvermittlungsstellen hingegen sind gesellschaftlich unerwünschte Güter oder Dienstleistungen.
Schritt drei:
Was kann ich als Gesetzgeber noch machen, um Spielgäste zu schützen? Da hat Bremen sich etwas besonderes einfallen lassen:
In der Gesetzesbegründung zu § 6 des neuen Landesgesetzes wird klargestellt: in Spielhallen gilt weiterhin das Verbot der Abgabe von alkoholhaltigen Getränken und das entgeltlichen oder unentgeltlichen Abgabe von Speisen. Nun kommt ein neues Verbot hinzu: Keine Abgabe alkoholfreier Getränke und keine Duldung des Verzehrs von jeglichen Getränken und Speisen! Also auch kein Glas Leitungswasser mehr! Welchem Geist entspringen denn solche Regelungen. Also soll das Personal der Spielhalle mich auf die „verbotene“ Mitnahme von Schokoriegel und Wasser filzen? Was tun im Konfliktfall? Will mir der Bremer Senat und die Bremische Bürgerschaft verbieten, meine Flasche Wasser mitzunehmen?
Begründung: Der Spieler, also auch ich, soll die „Möglichkeit“ erhalten die Spielhalle zu verlassen um etwas zu trinken und/oder zu essen. Dabei soll er aber über sein Spielhalten bewusst nachdenken. Ich muss wie der überwiegende Teil der Spielgäste nicht über mein Spielverhalten nachdenken, denn ich spiele sozial bewusst.
Schritt vier:
Also ziehe ich weiter dürstend durch Bremen auf der Suche nach vergnüglicheren Glücksspielorten. Oh? Da gibt es aber doch einen Glücksspieltempel, das Casino an der Schlachte. Schneller Blick online. Oh, wurde umbenannt und hat neue Eigentümer. „Aus Casino wird Spielbank. Neues Logo, neuer Name und mit Lotto Bremen auch ein neuer Inhaber für unser Haus an der Schlachte. An unserem besonderen Ambiente und dem gewohnten Spielangebot ändert sich aber natürlich nichts. Wir begrüßen Sie in der neuen Spielbank Bremen.“
Nach diesen wohlklingenden und einladenden Worten hoffe ich, dort meinen Durst stillen zu können. Aber vielleicht wird mir der Wunsch aber verwehrt. Gespannt. Aber da ist doch die Erlösung: „Unser gastronomisches Angebot bietet Ihnen alles fürs leibliche Wohl – eine große Auswahl an Drinks und leckere Snacks. Freundliches Personal und exzellenter Service schaffen die ideale Atmosphäre, um zwischen den Spielen am Roulettetisch und den Spielautomaten zu entspannen. “Glücksspiel und Alkohol? Entspannen zwischen den verschiedenen Glücksspielangeboten. Irgendwie verkehrte Welt.
Aber ein Schelm wer hier Böses denkt.
Also die Spielbank gehört im weitesten Sinne Toto und Lotto Bremen. Lange im Aufsichtsrat war Ulrich Mäurer (SPD), Senator in Bremen und Mitinitiator der neuen Regelungen für Spielhallen. Neue Aufsichtsratsvorsitzende ist Silke Krebs, Bündnis 90/Die Grünen, Staatsrätin im Finanzressort, also Mitglied der Landesregierung. Viele Jahre Ministerin im Staatsministerium Baden-Württemberg und zuletzt bis 2019 Vorstandsreferentin für politische Kommunikation bei der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen. Aber wie gesagt ein Schelm der da Böses denkt. Aber: Glaubwürdigkeit in der Argumentation sieht anders aus.