(R. Uwe Proll, Chefredakteur Beiträge zum Glücksspielwesen) Auf der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) am 17. März sollte ein neuer Glücksspielstaatsvertrag auf den Weg gebracht werden, doch das Thema wurde nur am Rande behandelt. Es ging um Flüchtlinge, Finanzausgleich, Rundfunkanstalten und Nachhaltigkeit. Da die Neigung in der Politik groß ist, sich auch in Zukunft mit diesem an sich wichtigen Thema so wenig wie möglich zu beschäftigen, wird aktuell eine kleine und schnelle Lösung, ein eher kosmetischer Eingriff in den Glücksspielstaatsvertrag präferiert, statt einem notwendigen Neuaufschlag. Einzig Hessen sieht weiterhin die Notwendigkeit eines neuen Glücksspielstaatsvertrages, der dann zukunftsfähig wäre.
Warum die Politik dieses Thema eher verschleppt als angeht, beschreibt der hessische Innenminister Peter Beuth wie folgt: „Das Glücksspielwesen ist in der Politik ein Randthema, es ist kompliziert und aufwendig. Ich hätte mich auch nicht so sehr damit beschäftigt, wenn Hessen nicht die Sportwetten vergeben müsste.“Eine umfassende Novellierung des Glücksspielvertrages böte jedoch die Gelegenheit, die Glücksspielregulierung in Deutschland sowohl unter Berücksichtigung der Erfahrungen mit dem derzeit geltenden Glücksspielvertrag, den Herausforderungen der Digitalisierung als auch der neuen Rechtsprechung auf zukunftsfähige Füße zu stellen. Doch etliche Bundesländer wenden dagegen das Argument des Zeitfaktors an. Ein neuer Staatsvertrag könnte frühestens zum 1. Januar 2018 ratifizierungsfähig sein. Zudem hätten die Erfahrungen aus Schleswig-Holstein und Dänemark gezeigt, dass der Zeitrahmen für die Durchführung der Erlaubnisverfahren mehr als ein Jahr in Anspruch nehmen würde. Selbst unter der Annahme, dass ein neuer Glücksspielvertrag zu Beginn des Jahres 2018 in Kraft treten könnte, würde die Regulierung des Sportwettenmarktes danach mindestens ein weiteres Jahr in Anspruch nehmen.
Auch gerade unter diesem zeitlichen Eindruck gewinnt derzeit eine rein punktuelle Änderung des Glücksspielstaatsvertrages gegenüber einer großen Lösung, also einem Neuentwurf, bei den Ländern zunehmend Sympathie. Eine solche kleine Lösung ließe sich schnellstens zum 1. April 2017 realisieren und damit die gerichtlich gemaßregelte Blockadesituation im Sportwettenkonzessionsverfahren lösen. Die Befürworter eines solchen Vorgehens glauben, dass die notwendige Notifizierungspflicht, dies ist eine durch EU-Regulierung notwendige Zustimmung der anderen EU-Staaten, nur geringe Änderungen erbringe.
Die Protagonisten der „schnellen und unkomplizierten Lösung“ glauben, damit einer teilweise vollständigen Liberalisierung des Sportwettenmarktes und einer bedingten Zulassung von Online-Casino- und Pokerspielen genüge getan zu haben. Außerdem sehen sie darin eine geringere Gefahr für den Bestand des Lotteriemonopols der Länder.
Wenn man unterstellt, dass die Aufrechterhaltung des Glücksspielmonopols der Länder rechtens sei, scheint die kleine Lösung auch diesem Zweck letztlich undienlich zu sein. Denn es ist wie in der Medizin, wo auch der kranke Patient hofft, durch die Bekämpfung einiger Symptome die Ursache damit zumindest zeitweise beheben zu können. Aber die Krankheit kann er damit nur verlängern, nicht beseitigen.
R. Uwe Proll, Chefredakteur Beiträge zum Glücksspielwesen. Foto: BzGw/Nicole Schnittfincke