(Lora Köstler-Messaoudi) Am 9. Oktober 1955 zog die damals zwölfjährige Elvira Hahn, als erste „Lottofee“ die allererste Zahl der deutschen Lottogeschichte – es war die 13. Trotz dieser Unglückszahl florierte das deutsche Lottogeschäft über viele Jahre hinweg prächtig. Lotto garantierte dem Staat über Jahrzehnte milliardenschwere Einnahmen. Doch 2006 kam die Wende. Die Umsätze der staatlichen Lotteriegesellschaften brachen ein und haben sich seitdem nie wieder vollständig erholt. Gründe sieht die Branche unter anderem in der aktuellen Glücksspielregulierung und dem immer stärker florierenden Schwarzlotterien.
Lotto hält unter den Glücksspielarten ein noch recht positives Image. Mit den Einnahmen wird nicht nur die Staatskasse gefüllt, auch karikative Verbände erhalten finanzielle Unterstützung. Doch der Glanz der einstigen Lottoziehungen schwindet. Sinkendes Interesse und Einschaltquoten führten dazu, dass die Liveübertragung der Ziehung der Lottozahlen im Ersten wie auch die Sendung „Lotto am Mittwoch“ im ZDF 2013 eingestellt wurden.
Mehr noch als den sinkenden Einschaltquoten macht dem Lottogeschäft aber die Glücksspielregulierung zu schaffen, denn der 2008 in Kraft getretene Glücksspielstaatsvertrag untersagte den Internetvertrieb und legte der Branche massive Werbebeschränkungen auf. Während die Welt immer digitaler wurde, blieb das staatliche Glücksspiel analog und musste seine Werbung zurückfahren. Das Marktforschungsunternehmen „Global Betting and Gaming Consultants“ (GBGC) rechnete aus, dass die deutschen Lotterieumsätze in Folge des ersten Glücksspielstaatsvertrages zwischen August 2007 und Dezember 2012 um insgesamt 16 Prozent zurückgingen, während die internationalen Lotterieumsätze im gleichen Zeitraum um 22 Prozent zulegten. Nach Schätzungen von GBGC soll der deutsche Lotteriemarkt bis 2019 stagnieren, während für andere europäische Länder zweistellige Wachstumsraten prognostiziert werden. Anfang des Jahres hatte der Chef der sächsischen Lottogesellschaft schon vom Kollaps des staatlichen Glücksspiels gesprochen.
Auch der Deutsche Lotto- und Tottoblock (DLTB), eine Gemeinschaft der 16 Lotteriegesellschaften der Bundesländer, sieht das System Lotto in Gefahr. Beim Hauptprodukt „Lotto 6 aus 49“ verzeichne man pro Jahr knapp 70 Millionen Euro weniger Umsätze. „Auf zehn Jahre gerechnet fehlen uns da 680 Millionen Euro“, erklärt Torsten Meinberg, Geschäftsführer des DTLB. Die jüngste Jahresbilanz des DLTB zeigt: die Spieleinsätze gingen gegenüber dem Vorjahr um 36 Millionen Euro (minus 3,6 Prozent) zurück. Hierfür sieht die Vereinigung vor allem zwei Grund: Private ausländische Glücksspielkonzerne wildern zunehmend auf dem deutschen Markt und kümmern sich nicht um Werbeverbote und Verbraucherschutz. Zudem seien große, die Spielfreude beflügelnde, Jackpots 2017 rar gewesen. Gespielt wurde deshalb weniger.
Schwacher Arm des Gesetzes
Doch nicht nur dass die Jackpots rar sind, dürfte ein Grund für die geringe Teilnahme am Lotto sein, sondern auch die Tatsache, dass Lotto restriktiven Werbebeschränkungen unterliegt. So darf Werbung für Lotto um keine falschen Anreize zu setzten, nicht zum Glücksspiel animieren und de facto nur die Ansprechen, die bereits Lotto spielen. Mit hohen Jackpots zu werben, um neue potentielle Spieler anzulocken, ist demnach nicht erlaubt. „Wir fordern keine uneingeschränkten Werbemöglichkeiten. Wir können die Gründe für die Restriktionen nachvollziehen“, so Meinberg. Wichtiger sei, dass die Behörden bestehende Werberestriktionen auch durchsetzen. So machen viele Anbieter Werbung in privaten TV-Sendern obwohl das eigentlich untersagt ist. Von Juli 2012 bis Ende 2016 wurden insgesamt 3.103 Verfahren gegen unerlaubte Glücksspielangebote und deren Werbung eingeleitet. Davon wurden lediglich 1.873 Angebotseinstellungen erreicht. Oft sei eine Kampagne zudem schon durch, bis die Gerichte ein Urteil sprechen. Die Expansion des Schwarzmarktes kann damit nicht aufgehalten werden. Der Arm des Gesetzes sei hier nicht stark genug, kritisiert der DTLB. Dem staatlichen Lotto würden dadurch viele Spieler verloren gehen.
Dieser Beitrag erschien in voller Länge in der Fachzeitschrift „Beiträge zum Glücksspielwesen“ Ausgabe 1/2018. Diese kann hier im Jahresabo oder einzeln bestellt werden.