(Dr. Daniel Henzgen) Die deutsche Glücksspielregulierung ist ein Konjunkturprogramm für illegale Angebote. Nur die Akzeptanz des Spielbedürfnisses und eine Allianz von Anbietern, Politik, Wissenschaft, Prävention und Verwaltung können den fatalen Trend brechen.
Glücksspiel ist Teil der Geschichte der Menschheit. Seit Jahrhunderten finden Menschen im Spiel Zerstreuung und Entspannung. Über drei Viertel der deutschen Bevölkerung haben schon einmal am Glücksspiel teilgenommen, über ein Viertel tut es regelmäßig. Wir sprechen also nicht von einer gesellschaftlichen Randerscheinung, sondern von einem Produkt, das Millionen Menschen täglich mit Freude nutzen. Glücksspiel findet in der Mitte der Gesellschaft statt. Das anzuerkennen, ist keine Glaubensfrage, sondern Tatsache und damit Voraussetzung für jede weitere sinnvolle Auseinandersetzung mit dem Thema.
Es mangelt aber in Deutschland wie in kaum einem anderen europäischen Land genau an dieser Akzeptanz des Faktischen. In einer unheiligen Allianz moralisierender Konsumentengängelung und hartnäckigem ordnungspolitischem Desinteresse wird die politische Diskussion hin zu einem „Weniger-ist-besser“-Paradigma gelenkt. Dabei heißt „weniger Angebot“ bei einem volldigitalisierbaren Produkt immer nur „weniger legales Angebot“. Folgt man der Grundthese „weniger Glücksspiel ist besser“, dann ist gar kein Glücksspiel „am besten“. Jetzt werden all diejenigen jubeln, die in ihrem freudlosen Kampf gegen Zucker, Fleisch, Alkohol, Müßiggang, Pauschaltourismus und eben Glücksspieldienstleistungen ihren persönlichen Lebensinhalt gefunden haben. Alle diejenigen, die dem Menschsein zugewandt sind, werden sich erinnern, dass Prohibition immer zu drei Ergebnissen führt: Die Preise (hier: Verlustwahrscheinlichkeit) steigen, die Qualität (hier: Jugend- und Spielerschutz) sinkt und die Kriminalität blüht. Aus Ordnungspolitik wird Unordnungspolitik.
Die deutsche Glücksspielbranche erwirtschaftet nach Gewinnausschüttung gut zehn Milliarden Euro Bruttospielerträge und zahlt über fünf Milliarden Euro Steuern und Abgaben. Das sichert Kommunen wichtige Einnahmen, finanziert Kultur-, Sozial- und Sporteinrichtungen und schafft und erhält etwa 200.000 Arbeits- und Ausbildungsplätze.
All das gehört zum vollständigen Bild einer Branche, die in der öffentlich geführten Diskussion häufig auf Suchtfragen reduziert wird. Dabei gibt es weltweit keine empirische Studie, die eindeutig nachweist, dass durch viel Angebot oder viel Spiel die Suchtprävalenz steigt oder umgekehrt durch wenig Angebot sinkt. Hierbei werden sehr gerne Kausalität und Korrelation verwechselt, zum Schaden einer ernsthaften politischen Diskussion und zum Schaden von betroffenen pathologischen Spielern. Die Zusammenhänge sind in Wirklichkeit komplex. Unbestreitbare Tatsache ist aber, dass die Häufigkeit von Glücksspielproblemen in der deutschen Bevölkerung über die letzten Jahre trotz eines stark wachsenden Marktes konstant bzw. rückläufig ist. Und das auf insgesamt niedrigem Niveau.
Dieser Beitrag erschien in voller Länge in der Fachzeitschrift „Beiträge zum Glücksspielwesen“ Ausgabe 1/2018. Diese kann hier im Jahresabo oder einzeln bestellt werden.
Dr. Daniel Henzgen ist Bevollmächtigter der Geschäftsführung für Politik und Außenbeziehungen der Löwen Entertainment GmbH, Vorstandsmitglied beim Verband der Deutschen Automatenindustrie e. V. und im Dachverband „Die Deutsche Automatenwirtschaft e. V.“