Fragen an Dr. Ingo Fiedler zur Regulierung des Glücksspielmarktes
Die unter Ihrer Leitung durchgeführte Studie „Regulierungsoptionen für den deutschen Online-Glücksspielmarkt“ wurde von neun von 16 Bundesländern beauftragt. Konnten Sie die Ergebnisse mittlerweile vorstellen und wie fielen die Reaktionen auch der Länder aus, die nicht an der Beauftragung beteiligt waren?
Fiedler: Die Studie und die jeweiligen Zwischenstände konnten wir über die vergangenen knapp zwei Jahre in verschiedener Form mit unterschiedlichen Schwerpunkten und an verschiedene Adressatengruppen vorstellen. Auch werden in Zukunft noch einzelne Teile in Artikelform veröffentlicht werden. Zum Abschluss des Endberichts hatte ich zudem die Möglichkeit, die Ergebnisse im Rahmen einer kurzen Präsentation den Chefs der Staats- und Senatskanzleien vorzustellen. Hierauf folgten verschiedene inhaltliche Nachfragen, kommentierende Reaktionen von den Bundesländern hat es jedoch nicht gegeben. Mein Gefühl ist, dass die Studie insgesamt als solides Fundament aufgenommen wurde, um die politische Debatte zur Online-Glücksspielregulierung zu führen.
Nach Ihrer Analyse: wo steht Deutschland im Vergleich zu den anderen europäischen Ländern, speziell den von Ihnen unter-suchten?
Fiedler. Der Markt für Online-Glücksspiele und dessen Regulierung werden in jedem der untersuchten Länder diskutiert. In Deutschland ist diese Diskussion jedoch ungleich aktiver – gefolgt von Frankreich, wo aktuell im Rahmen der Privatisierung des staatlichen Lotterieanbieters Française des Jeux verschiedene Änderungen in der Regulierung und Aufsicht von Glücksspielen zu erwarten sind. Die Besonderheit in Deutschland ist, dass wir – auf dem Papier – das restriktivste Regulierungssystem für Online-Glücksspiele haben, dieses jedoch bislang nur unzureichend durchgesetzt haben. Dies liegt an einer Vielzahl von Gründen und hat zur Folge, dass die aktuelle Situation eher einem freien Marktumfeld gleicht, insbesondere bei Online-Casinos. Die Regulierungsziele werden entsprechend nicht erreicht. Meiner Auffassung nach bedarf es daher einer starken Rechtsdurchsetzung gegen nicht lizenzierte Anbieter.
Dies gilt im Übrigen auch für ein etwaiges Lizenzsystem für eine oder mehrere Online-Glücksspielformen. Denn eine reine Liberalisierung des Marktes wird wenig an der Situation ändern, wenn das Angebot nicht lizenzierter Anbieter nicht unterbunden wird, jedoch ungleich attraktiver ist (zum Beispiel aufgrund von geringeren Abgaben oder niedrigeren Spielerschutzmaßnahmen).
Dr. Ingo Fiedler ist Post Doc Researcher im Arbeitsbereich „Glücksspiele“ an der Universität Hamburg. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören neben dem Glücksspiel auch die Mikro- und Verhaltensökonomik, Blockchain und Wirtschaftskriminalität.
Dieser Beitrag erschien in voller Länge in der Fachzeitschrift „Beiträge zum Glücksspielwesen“ Ausgabe 4/2019. Diese kann hier im Jahresabo oder einzeln bestellt werden.