Entscheidung des VG Darmstadt öffnet den Blick auf gravierende Rechtsschutzprobleme
von Prof. Würtenberger
Das Land Hessen bleibt nach der ab 01.01.2020 geltenden Fassung des Glücksspielstaatsvertrages bundesweit für die Erteilung der Sportwettkonzessionen zuständig. Nach § 9a Abs. 8 Satz 4 GlüStV ist die Konzessionsvergabe durch das für alle Bundesländer zuständige Regierungspräsidium Darmstadt an Beschlüsse des Glücksspielkollegiums gebunden. Diese von allen Bundesländern getragene Behörde dient nach der Neufassung des § 9 Abs. 5 Satz 2 GlüStV „den Ländern zur Umsetzung einer gemeinschaftlich auszuübenden Aufsicht der jeweiligen obersten Glücksspielaufsichtsbehörden“. Es besteht aus 16 Mitgliedern, die von den Ländern benannt werden.
Der Gesetzgeber hält also an einer Regelung des Glücksspielkollegiums fest. Deren Vereinbarkeit mit dem Demokratie- und Bundesstaatsprinzip ist nicht nur von Teilen der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, sondern auch der Staatsrechtslehre bezweifelt worden. Kritik wurde vor allem an der Organisation des Glücksspielkollegs geäußert: Die vom Demokratieprinzip geforderten Legitimations- und Kontrollketten würden versagen, weil einzelne Länder durch Mehrheitsentscheidungen des Glückspielkollegiums majorisiert werden. Das Bundesstaatsprinzip stehe einer dritten Ebene der unmittelbaren Länderverwaltung durch eine von allen Bundesländern getragene Behörde entgegen. Dass diese Fragen bislang noch nicht auf den Prüfstand verfassungsgerichtlicher Kontrolle gestellt worden sind, ist bedauerlich. Denn der verfassungswidrige „Wildwuchs“ von Verwaltungsbehörden, die, ohne Zuordnung zu einem Bundesland von den Ländern oder von Bund und Ländern (wie z.B. auch der Wissenschaftsrat) gemeinsam getragen werden und nach außen wirken, sollte ein baldiges Ende haben.
Dieser Text erschien in voller Länge in der Fachzeitschrift „Beiträge zum Glücksspielwesen“ Ausgabe 2/2020. Diese kann hier im Jahresabo oder einzeln bestellt werden.
Prof. Dr. Thomas Würtenberger (em) ist Leiter der Forschungsstelle für Hochschulrecht der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg. Zuvor unterrichtete er an den Universitäten von Augsburg, Trier und Freiburg, sowie an der Universität Lausanne in der Schweiz. Im Jahre 2010 wurde er emeritiert.