Von Mathias Dahms
Seitdem Ende 2020 ein Gesetzentwurf einiger Landesfinanzministerien hinsichtlich der Besteuerung der ab Juli 2021 neu zulässigen Online-Glücksspiele öffentlich wurde, befinden sich die regulierten Anbieter im Alarm- zustand: Der Entwurf sieht eine Besteuerung der Spieleinsätze beim virtuellen Automatenspiel in Höhe von acht Prozent und beim Online-Poker in Höhe von 5,3 Prozent vor und droht damit, den Erfolg des über Jahre mühsam ausgehandelten Glücksspielstaatsvertrags 2021 (GlüStV 2021) zunichte zu machen. Dies wäre auch bei einem auf 5,3 Prozent verringerten Steuersatz für virtuelle Automatenspiele der Fall.
Deutscher Sonderweg führt zu Widerspruch zwischen Steuer- und Glücksspielrecht
Es erstaunt, dass Deutschland – entgegen der Erfahrung aller EU-Staaten – einen Sonderweg beschreiten will. In den europäischen Ländern, wo Online-Glücksspiele legal sind, wird stets der Bruttospielertrag besteuert. Gelegentlich wird auf die Ausnahme Frankreich verwiesen, das Online-Poker mit einer Spieleinsatzsteuer von bis zu zwei Prozent belegt hatte. Allerdings haben die Franzosen schmerzlich erfahren müssen, dass die Spieleinsatzsteuer die Spieler geradezu in die Arme von illegalen Online-Pokerplattformen treibt. Aufgrund der miserablen Kanalisierungsraten hat man in Paris inzwischen eine Reform hin zur Besteuerung des Bruttospielertrags auch dieser Spielform angestoßen. Der Wirtschaftswissenschaftler und frühere Vorsitzende der Monopolkommission Prof. Dr. Justus Haucap taxiert anhand der Erfahrung anderer europäischer Staaten, dass die geplante Besteuerung die Kanalisierungsquote in Deutschland deutlich unter 50 Prozent drücken würde. Die Ziele des GlüStV 2021 würden dadurch verfehlt.
Falsche Anreize
Eine Besteuerung der Spieleinsätze widerspricht den Spezifika von virtuellen Automatenspielen und Online-Poker und macht diese für den Spieler unattraktiv oder für die Anbieter unwirtschaftlich. Bei heutigen Ausschüttungsquoten von durchschnittlich 96 Prozent ist die Überbesteuerung auf den ersten Blick erkennbar: Sie läge bei 200 Prozent des Erlöses der Anbieter. Die Anbieter müssten das Spielerlebnis durch geänderte Spielregeln verfälschen – etwa durch eine Verringerung der Ausschüttungsquote bei virtuellen Automatenspielen von 96 auf 88 Prozent oder da- durch, dass beim Roulette statt mit 36 mit 48 oder 60 Zahlen gespielt wird. Den Verbrauchern gehen Spielguthaben, Gewinnchancen und Spielspaß verloren. Paradox im Sinne des Spielerschutzes: Durch die dreimal schnelleren Verluste aufgrund der Steuerlast würden die Spieler sogar angereizt, schneller zusätzliches Geld aufzubringen, um weiterspielen zu können. Die logische Konsequenz sind Verdrängungseffekte in den unregulierten Schwarzmarkt.
Der vollständige Beitrag erschien in der Fachzeitschrift „Beiträge zum Glücksspielwesen“ Ausgabe 1/2021. Diese kann hier im Jahresabo oder einzeln bestellt werden.
Mathias Dahms ist Präsident des Deutschen Sportwettenverbands (DSWV).