Von Martin Gerster MdB und Dr. Jens Zimmermann MdB
Nachdem sich die Länder auf einen neu- en Glücksspielstaatsvertrag geeinigt haben, nimmt die Diskussion über eine adäquate Besteuerung Fahrt auf. Grund: Die Länder legalisieren ab dem 01.07.2021 die bisher verbotenen Glücksspielformen der Online- Casinospiele, der virtuellen Automatenspiele und Online-Poker.
Als grundsätzlich problematisch bzw. verkomplizierend stellt sich die unterschiedliche Regulierungs und Ertragskompetenz bei bzw. für Glückspielprodukte dar, die eine kohärente und damit als möglichst gerecht empfundene Besteuerung erschwert – wenn nicht gar unmöglich macht. Nach gegenwärtiger Rechtslage unterliegt das Online-Glücksspiel allein der Umsatzsteuer. Für vergleichbare terrestrische Glücksspiele in Spielbanken oder Spielhallen fallen zusätzlich die Spielbankabgabe oder Er- trag- (Einkommen-/Körperschaftsteuer) und kommunale Vergnügungsteuern an. Daneben steht die besondere Glücksspielbesteuerung durch das Rennwett- und Lotteriegesetz (RennwLottG), welches im kommenden Jahr seinen 100. Geburtstag feiert und damit – neben der viel zitierten Sektsteuer zur Finanzierung der kaiserlichen Kriegsflotte – zu einem der ältesten deutschen Steuergesetze zählt, welche heute noch immer Anwendung finden. Bei seiner ersten großen Reform 2011/2012 wurde das RennwLottG um Sportwetten ergänzt – wohlgemerkt ohne dabei auf die Unterschiede der Wertschöpfung im Sport-wettgeschäft zu achten. Pferde- und andere Sportwetten wurden mit den vormals staatlichen ODDSET-Fußballwetten über einen Kamm geschoren und der Steuersatz bei fünf Prozent festgelegt.
Bei der Legalisierung der Sportwette stand der Kampf gegen illegale Angebote im Vordergrund
Worum geht es politisch heute, 2021, bei der Änderung des RennwLottG? Um ziemlich das identische Vorhaben wie bei den Sportwetten von 2011/2012: Der Überführung eines illegalen Marktes in einen regulierten, weil nur im regulierten Markt auch Verbraucherschutz geschaffen werden kann. In der ersten Phase der politischen Annäherung an diesen Milliarden-Markt wurde versucht, ihn zu bekämpfen: Stichwort Payment Blocking. Hinzu treten nun Selbstlimitierung, Limitdatei und Besteuerung. Aus bundespolitischer Sicht sicher ärgerlich, dass es mit Blick auf die „Zweitlotterien“ lediglich gelungen ist, die- se – weiterhin verbotenen Angebote – steuerlich den Lotterien gleichzustellen. Getreu dem Prinzip, wonach es für die Besteuerung unerheblich ist, ob ein den Tatbestand eines Steuergesetzes ganz oder teilweise erfüllen- des Verhalten gegen ein gesetzliches Ge- oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt. Diese Einnahmequelle hätten sich die Länder auch schon vor Jahren erschließen und dem Bund damit wenigstens einen Teil seiner mehr als umfangreichen Finanzhilfen an die Länder ersparen können. Besonders ärgerlich ist die Kapitulation vor den Zweitlotterien aber aus Sicht des Verbraucherschutzes. Es bleibt zu wünschen, dass auch das Produkt Zweitlotterie in den Regulierungskanon aufgenommen wird.
Sauberer Glücksspielmarkt und Steuermehreinahmen
Martin Gerster (SPD) MdB ist Mitglied des Bundestages und seit 2012 im Haushaltsausschuss aktiv.
Dr. Jens Zimmermann (SPD) MdB ist seit 2013 Mitglied im Deutschen Bundestag. Er ist digital-politischer Sprecher und als Mitglied im Finanzausschuss zuständiger Berichterstatter der SPD-Fraktion für Geldwäscheprävention.
Der vollständige Beitrag erschien in der Fachzeitschrift „Beiträge zum Glücksspielwesen“ Ausgabe 1/2021. Diese kann hier im Jahresabo oder einzeln bestellt werden.