Peter Beuth, Innenminister des Landes Hessen, im Interview
BzGw: Lieber Herr Minister, Sie sind seit vielen Jahren mit der Entwicklung der Glücksspielregulierung in Deutschland vertraut. Hätten Sie sich vor fünf Jahren vorstellen können, dass am 1. Juli dieses Jahres ein Staatsvertrag in Kraft tritt, der alle relevanten Marktsegmente reguliert? Und reguliert meint nicht: verbietet.
Beuth: Vor fünf Jahren waren die Länder in einer regulatorischen Sackgasse angelangt. Es war ein fragiler Schwebezustand, der weder im Interesse des Spielerschutzes noch des Staates sein konnte. Wir haben dann mit den hessischen Leitlinien für eine zeitgemäße Glücksspielregulierung den Stein ins Rollen gebracht. Mir war immer klar, dass die Länder sich der Lebensrealität der Menschen auch beim Spielverhalten nicht dauerhaft verschließen können. Der Glücksspielstaatsvertrag sagte bereits damals richtigerweise, dass die Bevölkerung einen „natürlichen Spieltrieb“ hat. Ob es einem gefällt oder nicht: Aufgabe des Staates muss es dann sein, diesen in geregelte Bahnen zu bringen und die Spieler – im Zweifel auch vor sich selbst – zu schützen.
BzGw: Im Rückblick, was waren die kritischsten Punkte, an denen eine Einigung der Länder hätte scheitern können?
Beuth: Die Diskussion um die Öffnung des Online-Marktes war sicherlich der emotionalste Punkt der Verhandlungen. Meine Prämisse war auch da: Was nützt es uns, eine Marktrealität zu verneinen, wenn uns doch alle geeint hat, dass wir im Interesse des Jugend- und Spielerschutzes den Schwarz- markt trockenlegen wollen? Was bringt ein reguliertes Angebot, wenn die Nutzer es als unattraktiv empfinden? Dann gibt es doch keinerlei Anreize, in den legalen Markt zu wechseln. Dass erspielte Gewinne bei illegalen Anbietern keineswegs gesichert sind, ist zum Beispiel ein Argument für den Spieler, das erst greift, wenn die Spielform überhaupt angeboten wird.
BzGw: Auch der nun ratifizierte Staatsvertrag ist ein politischer Kompromiss. Wo sehen Sie für die Zukunft Nachbesserungsbedarf?
Beuth: Bei so einem komplexen Werk wie dem Staatsvertrag wird es sicherlich in absehbarer Zeit Nachbesserungsbedarf geben. Ich möchte aber keineswegs diesen gemeinsamen Erfolg kleinreden. Das Werk ist das Ergebnis jahrelangen, teils sehr zähen Ringens. Jetzt sollten wir erst mal die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder ihre Arbeit aufnehmen lassen.
BzGw: Per Umlaufbeschluss – also mit gewisser Eile – wurde entschieden, dass die Zuständigkeit für die spielformübergreifende Sperrdatei in Hessen und somit in Ihrer Verantwortung bleibt. Was hat zu dieser Entscheidung geführt und handelt es sich dabei um eine Übergangs- oder Dauerlösung?
Beuth: Über diese Entscheidung bin ich sehr froh. Wir müssen ab dem 1. Juli etwa 60.000 Verpflichtete an die Spielersperrdatei OASIS anschließen. Hierfür bedarf es erheblicher Res- sourcen. Diese lediglich nur für 18 Monate aufzubauen, wäre auch sehr unökonomisch. Deswegen begrüße ich es, dass die Länder die gute Arbeit des Regierungspräsidiums Darmstadt anerkannt haben und hier die dauerhafte Zuständigkeit belassen haben.
Das vollständige Interview erschien in der Fachzeitschrift „Beiträge zum Glücksspielwesen“ Ausgabe 2/2021. Diese kann hier im Jahresabo oder einzeln bestellt werden.