Von Uwe Proll
Die politische Gestaltung zum ersten Glücksspielstaatsvertrag ist gut zehn Jahre her, unser Format Beiträge zum Glücksspielwesen wird heuer fünf Jahre alt. Zum 01.07.21 tritt der neue Staatsvertrag in Kraft und auch die Besteuerung ist im Rennwettlotteriegesetz angepasst. Gründe genug, einmal zurückzublicken. Peter Beuth, hessischer Innenminister, gab uns das Eingangsinterview zu dieser Ausgabe und von ihm stammt auch das Zitat zum Titel meines Editorials. Beuth war allererster Vortragender unseres erfolgreichen jährlichen Formats „Bundeskongress zum Glücksspielwesen“ und er hat sich immer wieder auch laut zu Wort gemeldet. In der Rückschau ist die Debatte um die Öffnung des Online-Marktes der kritischste Punkt gewesen. Diese so grundlegende Entscheidung wird der Nukleus für alle weiteren Nachbesserungen: E-Sports, Lootboxen, Werbung uvm. Auch steigt der Druck auf das Rennwettlotteriegesetz in seiner veränderten Form. Man hört, dass Rechtsanwälte schon gut zu tun haben und Aussichten vor Gericht sondieren. Ein EU-Beihilfeverfahren zur Besteuerung im virtuellen Automatenspiel und Online-Poker ist bereits angestrengt. Die Konfliktlinie verläuft zwischen den Online- und den terrestrischen Angeboten. Das sind Vorzeichen für ein neues Gegeneinander auch zwischen den Glücksspielformen. Die staatlichen Lotterieanbieter werden ihre neuen Chancen nutzen, kündigt Jürgen Häfner an, Chef des Lottoblocks. Darauf haben manche Anbieter sicherlich nicht gewartet.
Dem Staatsvertrag folgen die Ausführungsgesetze der Bundesländer. Konnten die Ministerpräsidenten noch Einigkeit im Staatsvertrag erzielen, gehen die Positionen der Koalitionspartner in den Bundesländern auseinander. Ein Artikel unserer Redakteurin fasst die unterschiedlichen Perspektiven zusammen. Auch auf Länderebene bekommen die Gerichte zu tun. Denn dort, wo der Besen am terrestrischen Angebot angesetzt wird, werden die Unternehmen nicht klein beigeben. Das lehrt erstens die Erfahrung, wie einst schmerzhaft in Niedersachsen, und zweitens das unternehmerische Selbstverständnis. Oder pflichtet die Energiewirtschaft der Politik bei und baut Kraftwerke zustimmend ab und wandelt Kohlegruben in Naturschwimmbäder um? Tatsächlich kommen solche Vorschläge von Ministerialen und Abgeordneten: Der Spielhallenbetreiber kann doch einfach die Automaten durch Billardtische ersetzen. Warum nur kommt er wohl nicht selbst auf die Idee?
Ein wesentliches Novum im neuen GlüStV ist die gemeinsame Behörde der Länder, die in Halle aufgebaut wird. Wir begleiten das Projekt seit den ersten Ideen und werden das auch weiterhin tun. Das Interview mit Anne Poggemann, Staatssekretärin im Innenministerium von Sachsen-Anhalt, fasst den Stand zusammen und erklärt auch die Aufgaben noch einmal für die, die nicht so tief im Thema sind. Seit Monaten wird ihr zuständiges Innenministerium mit Terminanfragen aus allen Richtungen über- schwemmt. Deshalb hat es uns ganz besonders gefreut, dass sie sich die Zeit genommen hat. Sie berichtet, dass bereits Anträge zur Erlaubnis des virtuellen Automatenspiels vorliegen, obwohl eine Prüfung erst ab dem 01.07. beginnen kann. Das zeigt, dass es Teilen des Marktes gar nicht schnell genug gehen kann mit dem Betrieb von legalem Spiel. Andere werden es bestimmt zu verzögern versuchen, wie bei den Sportwettlizenzen und den Erlaubnisverfahren in Darmstadt. Mehrfach hebt Staatssekretärin Poggemann darauf ab, dass die Behörde gegen illegales Angebot vorgehen wird.
In der Redaktion hatten wir kritisch diskutiert, ob wir nach dem 01.07. noch genügend Themen finden werden, um die Beiträge zum Glücksspielwesen weiterhin zu füllen. Und wenn ja: Welche Aspekte des Glückspiels werden wir aufgreifen, um die Leser weiterhin bei der Stange zu halten? Fest steht, dass wir stärker das Online-Geschäft erklären wollen. Die Oberfläche sieht, wie die meisten Websites, simpel aus. Aber wer versteht schon die dahinterliegenden Prozesse? Und die dahinterstehenden Personen? Eine materiell-rechtliche Prüfung, wie sie der GlüStV für Erlaubnisanträge vorsieht, wird möglicherweise nicht ausreichen. Das Gewerberecht sieht die Prüfung von Geldgewinnspielgeräten durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) vor. Diese Automaten zu prüfen, fällt dieser Behörde heute alles andere als leicht. Im Vergleich zu einem Online-Glücksspielangebot sind das aber ehrlicherweise eher Ergebnisse eines Fischertechnik-Bausatzes. Wer kann denn wirklich Online-Angebote auf den Prozessebenen prüfen, um den Spielerschutz u. a. zu gewährleisten? So wird es auch weiterhin Beiträge zum Glücksspielwesen geben, denn, wie Minister Beuth sagt, ist diese Branche sehr innovativ. Viel Freude bei der Lektüre.