Ob die Bundesregierung die Auffassung teilt, dass in Deutschland derzeit abgesehen von wenigen Ausnahmen sowohl das Online-Glücksspiel als auch die Abwicklung von Zahlungen im Zusammenhang mit Online-Glücksspiel illegal sind, wollte die Fraktion Die Linke in einer Kleinen Anfrage in Erfahrung bringen. Die Bundesregierung sollte auch die Rechtslage im Zusammenhang mit Online-Glücksspielanbietern mitteilen, die ihren Sitz im EU-Ausland haben, aber ihre Einnahmen in Deutschland generieren.
In Ihrer Vorbemerkung macht die Bundesregierung darauf aufmerksam, dass Glücksspiel (auch Online-Glücksspiel) nach der grundgesetzlichen Kompetenzverteilung eine Angelegenheit der Bundesländer ist. Daher lägen der Bundesregierung keine beziehungsweise keine über öffentliche Quellen hinausgehende Erkenntnisse dazu vor.
Teilt die Bundesregierung die Rechtsaufassung, dass in Deutschland der-zeit mit wenigen Ausnahmen sowohl Online-Glücksspiel als auch die Abwicklung von Zahlungen im Zusammenhang mit Online-Glücksspiel illegal sind (bitte begründen)?
Nach § 284 des Strafgesetzbuchs (StGB) macht sich strafbar, wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtung hierzu bereitstellt. […] Die Frage des Vorliegens einer Erlaubnis ist dabei verwaltungsakzessorisch. Das bedeutet das Verhalten ist dann nicht strafbar, wenn eine Erlaubnis formell ordnungsgemäß erteilt worden ist. Die materiell-rechtliche Wirksamkeit ist strafrechtlich grundsätzlich ohne Bedeutung (vgl. MüKoStGB/Hohmann, 3. Aufl. 2019, StGB § 284 Rn. 18). Im Umkehrschluss ist das Verhalten dann strafbar, wenn eine solche formelle Erlaubnis nicht vorliegt und die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind.
Es richtet sich grundsätzlich nach den landesrechtlichen Regelungen des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland und den dazugehörigen Landesgesetzen, inwieweit das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele einer Erlaubnis bedarf bzw. verboten ist und welche Folgen eine Mitwirkung an Zahlungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel haben kann.
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Wie beurteilt die Bundesregierung die Rechtslage bei Online-Glücksspielanbietern, die ihren Sitz im EU-Ausland haben, aber ihre Einnahmen in Deutschland generieren (bitte begründen)?
Zur strafrechtlichen Bewertung wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Es richtet sich grundsätzlich nach den landesrechtlichen Regelungen des Glückspielstaatsvertrages und den dazugehörigen Landesgesetzen, inwieweit ein Anbieter von Glücksspielen im Ausland einem behördlichen Erlaubnisvorbehalt bzw. einem Verbot nach dem Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland und den dazugehörigen Landesgesetzen unterliegt.
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Welche Rechtsfolgen könnten nach Auffassung der Bundesregierung grundsätzlich eintreten, wenn ein Zahlungsdienstleister in Deutschland Zahlungsverkehr im Zusammenhang mit unerlaubtem Online-Glücksspiel abwickelt (bitte begründen)?
Sofern die Veranstaltung eines öffentlichen Glücksspiels dem Straftatbestand des § 284 StGB unterfällt, ist grundsätzlich – abhängig von den Umständendes Einzelfalles und bei Vorliegen der entsprechenden Tatbestandsvoraussetzungen – eine strafbare Beihilfe nach § 27 StGB denkbar. Die Bewertung der Strafbarkeit im Einzelfall obliegt dabei den unabhängigen Gerichten. Es könnten zudem auch zivilrechtliche Rechtsfolgen eintreten.
Die Glücksspielaufsicht der Länder kann nach den landesrechtlichen Regelungen des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland und den dazu-gehörigen Landesgesetzen den am Zahlungsverkehr Beteiligten, insbesondere den Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten, nach vorheriger Bekanntgabe unerlaubter Glücksspielangebote die Mitwirkung an Zahlungen für unerlaubtes Glücksspiel und an Auszahlungen aus unerlaubtem Glücksspiel untersagen.
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Wie viele Verdachtsmeldungen bezüglich Geldwäsche oder Terrorismus-finanzierung mit Verbindung zu Online-Glücksspiel sind in den vergangenen fünf Jahren bei der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (Financial Intelligence Unit, FIU) jeweils von welchen Verpflichteten eingegangen (bitte nach Jahren und Verpflichtetenkategorie auflisten)? 17. Wie viele der Verdachtsmeldungen wegen Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung mit Verbindung zu Online-Glücksspiel wurden dabei durch die FIU jeweils aufgrund erhärteter Verdachtsmomente an Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet (bitte nach Jahren aufschlüsseln)?
Die Fragen 16 und 17 werden im Sachzusammenhang gemeinsam beantwortet. Die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (Financial Intelligence Unit, FIU) hat ausweislich ihrer Jahresberichte Verdachtsmeldungen bezüglich Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung in Verbindung mit Internet-Glücksspiel entgegengenommen:
Für das Jahr 2015:
1.Verdachtsmeldungen von Veranstaltern und Vermittlern von Glücksspielen im Internet: 0
2.Anzahl der Verdachtsmeldungen mit Verbindung zu Online-Glücksspiel: 136
Für das Jahr 2016:
1.Verdachtsmeldungen von Veranstaltern und Vermittlern von Glücksspielen im Internet: 0
2.Anzahl der Verdachtsmeldungen mit Verbindung zu Online-Glücksspiel: keine Zahlen verfügbar.
Die FIU wurde mit Wirkung zum 26. Juni 2017 organisatorisch bei der Generalzolldirektion (GZD) angesiedelt; zuvor war sie beim Bundeskriminalamt (BKA) verortet. Bis zu ihrer Verlagerung wurden Verdachtsmeldungen sowohl an die FIU (beim BKA) als auch an das jeweils zuständige Landeskriminalamt unmittelbar übermittelt; die zuständigen Strafverfolgungsbehörden hatten somit bis zum 26. Juni 2017 Kenntnis von allen Verdachtsmeldungen.
Seit der Verlagerung differenziert die FIU statistisch nicht danach, ob sich Verdachtsmeldungen auf das Glücksspiel im Internet oder auf sonstige Formen des Glücksspiels beziehen. Die nachstehenden Zahlen weisen daher die Gesamt-meldungen von Veranstaltern und Vermittlern von Glücksspielen aus:
Für das Jahr 2017:
Verdachtsmeldungen von Veranstaltern und Vermittlern von Glücksspielen: 77
Für das Jahr 2018:
Verdachtsmeldungen von Veranstaltern und Vermittlern von Glücksspielen: 150
Für das Jahr 2019:
Verdachtsmeldungen von Veranstaltern und Vermittlern von Glücksspielen: derzeit noch keine Zahlen verfügbar.
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Inwiefern sind entsprechende Compliance-Systeme von zahlungsabwickelnden Firmen Gegenstand von BaFin-Prüfungen?
Unter anderem gehört die Überprüfung von Transaktions-Monitoring-Systemen zu den Prüfungsinhalten der BaFin. In diesem Rahmen wird insbesondere geprüft, ob die beaufsichtigten Institute ihre Monitoring-Systeme so konfiguriert haben, dass auffällige Transaktionen in Bezug auf mögliche Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung oder sonstige strafbare Handlungen in den Instituten erkannt und ggf. überprüft werden können.
Ebenso gehört die Kontrolle des Verdachtsmeldewesens der beaufsichtigten Institute zu den Prüfungsinhalten der BaFin. Hierbei wird kontrolliert, ob die Institute die Bearbeitung auffälliger Transaktionen vornehmen und dokumentieren. Darüber hinaus wird überprüft, ob die beaufsichtigten Institute die Meldungen unverzüglich bearbeiten und an die FIU weiterleiten.
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Die vollständige Antwort der Bundesregierung (Drucksache 19/18823) kann hier abgerufen werden.