„Financial Blocking trotz baldiger Liberalisierung des Online-Glücksspiels“ (Drucksache 18/6998)
Wie begründet die Landesregierung die Umsetzung des Verbots der Mitwirkung (Financial Blocking) von internationalen Zahlungsdienstleistern vor dem Hintergrund des neuen Glücksspielstaatsvertrags 2021 und der damit verbundenen Liberalisierung des Online-Glücksspiels?
Das Internetverbot ist geltendes Recht. Eine grundsätzliche Erlaubnisfähigkeit von Online-Glücksspielangeboten besteht frühestens mit Inkrafttreten der Neuregelung. Die im oben genannten Gutachten postulierte Verpflichtung zur Nichtanwendung von Regelungen ergäbe sich aus dem Unionsrecht nur, wenn und soweit es sich um Regelungen handelte, die dem Unionsrecht widersprächen; die Nichtanwendbarkeit nationaler Regelungen folgt dann aus dem Anwendungsvorrang des Unionsrechts. Für die – immer wieder behauptete – Unionsrechtswidrigkeit der geltenden Staatsvertragsregelungen hat das BVerwG gerade keine Anhaltspunkte feststellen können. Eine Reihe oberverwaltungsgerichtlicher Entscheidungen, die sich auch danach erneut mit der Frage der Wirksamkeit des Internetverbotes zu befassen hatten, haben ebenfalls keine Zweifel an der Unionsrechtsmäßigkeit des Internetverbots erkennen können (u. a. OVG Lüneburg, Urteile vom 28. Februar 2019, Az.: 11 LB 497/18 und 11 LC 242/16; OVG Schleswig, Beschluss vom 3. Juli 2019, Az.: 4 MB 14/19). Zum differenzierten Umgang mit Glücksspielanbietern im Hinblick auf den GlüStV 2021 werden zwischen den Ländern Gespräche geführt. Deren Ergebnisse bleiben abzuwarten. Im Übrigen siehe die Vorbemerkung.
Wie begründet das Ministerium die Abkehr von der noch 2018 im Landtag zugesicherten Einhaltung vollzugsrechtlicher Anforderungen, nämlich dass die Glücksspielanbieter zunächst erfolglos zur Einstellung bestimmter Spielarten aufgefordert werden müssten, bevor gegen Zahlungsdienstleister vorgegangen wird (Drucksache 18/1356)?
Das Ministerium für Inneres und Sport hat bei der Wahrnehmung der Aufgaben im Zusammenhang mit der Unterbindung von Zahlungsströmen die vom GlüStV vorgegebenen Anforderungen zu beachten und das ihm eingeräumte Ermessen dem Ziel der Regelung entsprechend auszuüben. Wie die Landesregierung mehrfach in Antworten auf parlamentarische Fragen erklärt hat (s. Drs. 18/3543, S. 4/5; Drs. 18/1569, S. 2/3; Drs. 18/607, S. 3), hat das Ministerium für Inneres und Sport Zahlungsdienstleister bislang nur dann in Anspruch genommen, wenn eine Inanspruchnahme des Glücksspielanbieters, insbesondere wegen der Auslandsansässigkeit, sich nicht als erfolgversprechend erwiesen hat. Die Nachrangigkeit der Inanspruchnahmen des Zahlungsdienstleisters korrespondiert mit der in der amtlichen Begründung zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Motivation (Drs. 16/4795, S. 85). Nach wie vor greift das Ministerium für Inneres und Sport das Verfahren mit einem Zahlungsdienstleister erst auf, wenn festgestellt werden konnte, dass der betreffende Zahlungsdienstleister Zahlungen im Zusammenhang mit einem bereits untersagten Glücksspielangebot durchführt. An der Praxis der Aufsichtsbehörde hat sich insoweit nichts geändert. Selbstverständlich werden dem Zahlungsdienstleister darüber hinaus auch weitere unerlaubte Glücksspielangebote mitgeteilt, soweit hier von seiner Mitwirkung am Zahlungsverkehr auszugehen ist, in der Erwartung, dass auch insoweit die Mitwirkung eingestellt wird. Schließlich gilt das Mitwirkungsverbot umfassend und der Zahlungsdienstleister ist von Gesetzes wegen verpflichtet, die Mitwirkung insgesamt einzustellen. Davon abgesehen hat die Landesregierung keine „Zusicherungen“ abgegeben, sondern entsprechend der jeweiligen Fragestellung das damalig praktizierte Vorgehen geschildert. Eine Änderung der Verfahrenspraxis bleibt der Behörde jederzeit im rechtlich vorgegebenen Rahmen unbenommen. Insoweit ist zu beachten, dass das BVerwG aufsichtliche Gestaltungsspielräume erweitert hat, indem es unter Verweis auf den Wortlaut von § 4 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 GlüStV in einem obiter dictum deutlich gemacht hat, dass die Einleitung von Zahlungsunterbindungsmaßnahmen „unerlaubtes Glücksspiel“, nicht „untersagtes Glücksspiel“ voraussetzt.
Die vollständige Antwort (Drucksache 18/6998) kann hier eingesehen werden.