Der BGH hat mit Entscheidung vom 27. Februar 2020 (AZ: 3 StR 327/19) entgegen der Vorinstanz grundsätzlich die Strafbarkeit des Geschäftsführers einer GmbH bejaht, obgleich deren Erlaubnisantrag auf Weiterbetrieb ihrer Spielhalle zu Unrecht abgelehnt worden war. Die GmbH hatte den Spielhallenbetrieb nach Ablauf der Übergangsfrist vom 31. Juni 2017 ungeachtet der behördlichen Ablehnung fortgesetzt. Die (nicht bestandskräftige) Ablehnung erfolgte im Hinblick auf das Abstandsgebot zu konkurrierenden Spielstätten auf Basis des in Niedersachsen bis zu seinem gerichtlichen Verbot durch das OVG Lüneburg (Beschluss vom 04.09.2017, 11 ME 330/17) praktizierten Losverfahrens. Obgleich dieses Verfahren nach der Entscheidung des OVG anerkannt rechtswidrig war und obgleich dem Angeklagten kurz nach der Entscheidung des OVG dementsprechend eine vorläufige Erlaubnis erteilt worden war, bejahte der BGH die Strafbarkeit für die Zwischenzeit, also vom 1. Juli 2017 bis zur Erteilung der vorläufigen Erlaubnis. Die Gründe für dieses Urteil sind überzeugend:
Nach § 284 StGB macht sich unter anderem strafbar, wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet. Damit ist der Straftatbestand mit dem Vorliegen oder Fehlen einer Erlaubnis für das Glücksspiel verknüpft, die Erfüllung des Tatbestands ist „verwaltungsakzessorisch“. Es ist hierbei, so der BGH, für die Strafbarkeit unmaßgeblich, ob die Erlaubnis (wie geschehen) auf rechtswidrig begründete Weise versagt wurde oder ob sie materiellrechtlich sogar hätte erteilt werden müssen. Die Strafvorschrift schütze die Durchsetzung des behördlichen Erlaubnisverfahrens, mithin die faktische Geltung des für das Glücksspiel geltenden Erlaubnisvorbehalts. Die Genehmigungsfähigkeit des verbotenen Verhaltens spiele für die Strafbarkeit keine Rolle. Der BGH betonte, dass hierdurch keineswegs bloß der „Verwaltungsungehorsam“ als solcher bestraft werde. Letztlich ginge es um den mit dem gesetzlichen Erlaubnisvorbehalt verbunden Schutzzweck, also um den Schutz der im Glücksspielstaatsvertrag und in den ausführenden Ländergesetzen aufgeführten Schutzgüter.
Das Urteil geht über den Anlass des niedersächsischen Losverfahrens hinaus und hat grundsätzliche Bedeutung für alle Konstellationen rechtswidriger Ablehnung des Spielbetriebs. Der BGH machte deutlich, dass der Erlaubnisvorbehalt im Glücksspielrecht strafrechtlich auch in den Fällen geschützt ist, in denen die Betreiber, juristisch beraten, zu Recht davon ausgehen können, dass der Ablehnungsbescheid im gerichtlichen Verfahren keinen Bestand haben wird. „Selbsthilfe“ bleibt auch in diesen Fällen strafbar.
Dieser Text erschien in voller Länge in der Fachzeitschrift „Beiträge zum Glücksspielwesen“ Ausgabe 3/2020. Diese kann hier im Jahresabo oder einzeln bestellt werden.
Georg Lütter ist Ministerialrat im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz a. D.