(RH). Der Glücksspielstaatsvertrag 2021 hat eigentlich eine neue Seite für Online-Glücksspiel aufgeschlagen. Virtuelles Automatenspiel, Online-Sportwetten und Online-Poker sind unter bestimmten, eng gefassten Voraussetzungen erlaubnisfähig und damit legal auf dem Glücksspielmarkt. Informationen darüber, welche Angebote legal sind, bekommt der Spielinteressierte über die „Whitelist“ der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder (GGL), Halle oder eben über Werbung der lizenzierten Online-Anbieter.
Also, was darf Werbung, was darf sie nicht? Darf sie spielinteressierte Menschen animieren oder nur informieren? Wie schützt man vulnerable Menschen davor, dass Werbung sie zum Spielen verleitet? Kann Werbung die Kanalisierung des „Spieltriebes“ hin zu legalen Angeboten fördern? Wie kann die Sichtbarkeit legaler Angebote gestärkt werden, um illegale Angebote zu schwächen? Oder sollte Werbung für Glücksspiel grundsätzlich verboten werden? Das waren einige der zentralen Fragen einer Online-Veranstaltung von „gluecksspielwesen.de“ am 27. April 2023.
Wenige Tage vorher hatte der Drogen- und Suchtbeauftragte der Bundesregierung, Burkhardt Blienert die Ergebnisse einer von ihm in Auftrag gegebener Studie vorgestellt (Die Studie selbst ist öffentlich noch nicht verfügbar). Danach fordert über die Hälfte der Deutschen ein generelles Werbeverbot für Glücksspiel. Eine ungewollte „Steilvorlage“ für die Online-Veranstaltung „Licht ins Dunkel bringen – Werbung für Online-Glücksspiel zwischen Regulierung und Stigmatisierung“. An der äußerst sachlich geführten Diskussion waren die beiden Rechtsanwälte Yannick Skulski und Phillip Beumer von der Kanzlei Hambach&Hambach, Dr. Sven Jung vom Handelsblatt Research Institute, Nico Reußenzehn von Rootz Ltd., Johannes Singer M. A. von der Forschungsstelle Glücksspiel der Universität Hohenheim, Karl Friedrich Ballendat (Referent Werbung) und Hendrik Bermpohl (Sachbearbeiter Grundsatzangelegenheiten) Von der GGL beteiligt.
Die beiden Rechtsanwälte aus der Kanzlei Hambach&Hambach erläuterten Grundzüge zum Umfeld von Werbung:
- Werbung über Telekommunikationsanlagen ist verboten.
- Die Werbung darf nicht übermäßig sein.
- Werbung darf sich nicht an Minderjährige oder vergleichbar gefährdete Zielgruppen richten.
- Täglich zwischen 6 Uhr und 21 Uhr darf keine Werbung im Rundfunk und Internet für virtuelle Automatenspiele, Online-Poker und Online-Casinospiele erfolgen.
- Persönlich adressierte Werbung für diese Glücksspiele an gesperrte Spieler ist unzulässig.
Dr. Sven Jung betonte in seiner Zusammenfassung, dass Werbung als sachliche Information dienen kann und somit zur Aufklärung über legale Angebote beitragen könne. So kann die Sichtbarkeit einer deutschen Lizenz als „Pluspunkt“ hervorgehoben werden. Außerdem können Gründe aufgezeigt werden, warum ein Spiel bei einem Anbieter mit deutscher Lizenz trotz einiger Einschränkungen anderen Angeboten überlegen sein kann und schließlich leiste sie eine Unterstützung bei der angestrebten Kanalisierung des Glücksspiels in legale Bahnen.
Nico Reußenzehn machte die praktischen Probleme mit der Werbegestaltung im alltäglichen unternehmerischen Handeln deutlich. Dies führe nach wie vor zu einer Benachteiligung legaler Anbieter und stärke weiterhin den illegalen Markt.
Johannes Singer M. A. verwies in seinen Ausführungen auf die besondere Gefährdung vulnerabler Gruppen durch Glücksspielwerbung in den sozialen Medien und konstatierte einen erheblichen Forschungsbedarf bezüglich weiterer Medienkanäle und neuer Werbeformen.
Auch wenn die Chancen und Risiken der Werbung für legale Online-Glücksspielspielangebote durchaus vielseitig sind, so waren doch alle Diskutanten sich darüber einig, dass angesichts des noch „jungen“ Marktes keine vorschnellen Regulierungseinschränkungen getroffen werden sollten. Dies gilt insbesondere in Anbetracht des ersten Evaluierungsberichtes, der zum Jahresende zu erwarten ist.
Dem Thema Glücksspielwerbung widmen wir uns auch auf unserem Bundeskongress dieses Jahr. Mehr Informationen zum Termin finden sie hier.
Folien der Referenten:
Yannick Skulski und Phillip Beumer: Regulierung Glücksspielwerbung
Dr. Sven Jung: Staatliche Restriktionen, Lizenzen und Rolle von Werbung
M. A. Johannes Singer: Glücksspielwerbung in Sozialen Medien